Zur Person
gilt die Gewinnabschöpfung. Die Energiepreise machen derzeit 0,9 Prozentpunkte der Inflationsrate aus, das war im Vorjahr anders, am Höhepunkt im Oktober 2022 waren es 3,8 Prozentpunkte und damit eigentlich ein Drittel der Gesamtinflation. Aber heute sind die Treiber der Inflation vor allem Dienstleistungen. Die politische Aussage, dass Strom der Haupttreiber der Teuerung ist, stimmt nicht mehr. Im europäischen Vergleich sind auch nur Ungarn, Slowenien und die Slowakei bei den Endkundenpreisen für Strom günstiger als Österreich. Und in Deutschland sind die Endkundenpreise 40 Prozent höher als in Österreich, aber die Inflation niedriger. Wie geht das zusammen? Eine Versachlichung der Diskussion wäre gut.
Die Regierung will auch die Transparenzbestimmungen verschärfen und Stromabrechnungen verständlicher machen.
Das finden wir gut und da sind wir bereit, mitzuwirken. Das Problem ist nur: Auf einer Stromrechnung steht exakt das drauf, was im Gesetz steht und vorgeschrieben ist. Briefe an
und Kunden sind mittlerweile deshalb so lange, weil sie von Anwälten geschrieben werden müssen. Denn jede abweichende Formulierung wird geklagt. Das ginge einfacher, verständlicher – aber dafür brauchen wir eben verlässliche Rechtsgrundlagen. Wir sind uns natürlich bewusst, dass die hohen Strompreise für viele Menschen schwer zu stemmen sind. Deswegen haben wir auch im Dezember 2022 unseren Verbund-Stromhilfefonds der Caritas zur Bekämpfung von Energiearmut massiv aufgestockt.
Vor fast genau einem Jahr sorgte das Krisenkabinett der Regierung für Aufregung. In Mellach sollte es – für Notfälle in der Versorgungssicherheit – ein KohleComeback geben. Wie froh sind Sie, dass es letztlich nicht dazu kam?
Das war damals sehr stark an die deutsche Vorgangsweise angelehnt, dort wurde der Kohleausstieg gerade vollzogen, sie haben die Kraftwerke in eine Systemreserve gegeben, die waren aber einsatzfähig. Der Unterschied zu Deutschland war, dass der Kohleausstieg in Österreich schon früher passiert ist. Eine
Umrüstung wäre in Mellach unter großem Aufwand grundsätzlich möglich gewesen, aber mit einem sehr langen Vorlauf. Man hat damals gesagt: Wenn alle Stricke reißen, was kann man tun? Das war auch Ausdruck der Stimmung und der Anspannung zu dieser Zeit. Ich habe verstanden, dass man sagt, wenn es irgendwie geht, dann probieren wir es. Dass es dann letztlich keine politische Mehrheit für eine gesetzliche Grundlage gab, steht auf einem anderen Blatt.
Das Thema Versorgungssicherheit ist in den Hintergrund gerückt?
Um Sicherheit zu schaffen, hat Verbund damals physisch Gas eingelagert, das viel Geld gekostet hat. Auch die Regierung hat eine strategische Reserve angelegt, das hat auch viel gekostet, war in dieser Phase massiver Unsicherheit aber absolut richtig. Das heute jemandem vorzuwerfen, das ist eine Chuzpe. Auch durch diese Maßnahmen sind wir gut durch den Winter gekommen.
Hat sich die Gasversorgungslage jetzt nachhaltig entspannt?
Aus unserer Sicht ist diese AngeKundinnen
Michael Strugl, am 28. 8. 1963 in Steyr geboren. Der Jurist und Wirtschaftswissenschaftler bekleidete viele Funktionen in der ÖVP Oberösterreich und war u. a. Landeshauptmann-Stellvertreter. 2019 wechselte der Vater von zwei Kindern in den Verbund-Vorstand, dessen Vorsitzender er seit 2021 ist. Er ist auch Präsident des Verbands „Österreichs Energie“.
botskrise noch nicht vorbei. Aber die Lage hat sich entspannt, weil ganz Europa reagiert hat. Die Speicher sind relativ gut gefüllt und es ist in der Beschaffung zu einer Diversifizierung gekommen.
Gerade wird in Hinblick auf die Transitleitung durch die Ukraine wieder über ein mögliches gänzliches Versiegen russischer Gaslieferungen debattiert. Wäre Österreich heute besser dafür gerüstet?
Das wäre nach wie vor ein Problem, weil Österreichs Anteil an russischem Gas im europäischen Vergleich noch immer deutlich höher ist. Die Situation hat sich zwar verbessert, es sind nicht mehr 80 Prozent russisches Gas wie früher. Wir haben auch gut gefüllte Speicher und Alternativen wie norwegisches Gas über die OMV. Trotzdem würde ein Stopp von heute auf morgen eine Anspannung nach sich ziehen. Aber wir sind wesentlich besser vorbereitet.
Die Energie Steiermark ist seit Kurzem wieder ganz im Landeseigentum. Das soll nur vorübergehend so sein. Wäre die Verbund AG, für viele ein logischer Partner, an Anteilen interessiert?
Das ist derzeit kein Thema.
Derzeit?
Wir haben mit der Energie Steiermark viele gemeinsame Projekte, arbeiten gut zusammen. Das andere ist eine Eigentümerentscheidung, da liegt der Ball nicht bei uns, es gibt auch keine Gespräche.