Zur Person
haben sich offensichtlich mit Erfolg dagegen gesträubt. Wie wichtig ist Widerstand, besonders für junge Menschen?
Die Frage ist: Widerstand wogegen? Ich finde, dass es im Moment bei der Jugend nicht an Trägheit am Widerstand krankt, sondern eher an Fundamenten im Wissen, in der Bildung, die sie für ein demokratisches Verhalten geeignet macht. Das finde ich im Moment viel wichtiger. Weil Widerstand ist ja über jeden zweiten Algorithmus im Internet zu haben. Das ist ein Riesenverhängnis. Aber das führt jetzt zu weit.
Ein fixer Heimatbesuch in Hartmannsdorf ist für Sie Allerheiligen. Erinnern Sie die Maroni immer noch an Ihre Kindheit?
in der Region ist es ein Ritual, dass man sich zu Allerheiligen auf dem Friedhof trifft. Da steht dann an jedem Grab die Familie, das wird schon registriert, ob man hier steht. Ich mag dieses Ritual. Ich habe immer versucht, wenn es irgendwie ging, am Grab meiner Eltern zu stehen. Ich habe wahnsinnig gerne diese Maroni, die waren in meiner Kindheit immer in Zeitungspapier-Stanitzel eingewickelt. Graz war für mich immer eine typische MaroniStadt, in Deutschland gibt es diesen Brauch mit Maroniverkauf auf der Straße ja nicht. Eine warme Manteltasche mit Maroni drinnen! Das ist eine wunderschöne Kindheitserinnerung.
Wie würden Sie einem Blinden die Steiermark erklären?
Peter Simonischek, geb. am 6. August 1946 in Graz, gestorben am 29. Mai 2023 in Wien.
Engagements u. a. an der Berliner Schaubühne (1979–99), ab 1999 am Burgtheater. Zahlreiche TVund Kinofilme. Europäischer Filmpreis, Nestroy u. a. Seit 1989 war er mit Schauspielerin Brigitte Karner verheiratet. Er war Vater von drei Söhnen.
Ich würde ihn Waldesrauschen hören lassen, das Gemurmel eines Baches, das Balzen eines Auerhahns und im September das Röhren eines Hirschen. Und damit das Gleichgewicht stimmt, eine Runde Formel 1 in Spielberg.
Zurück zur Bühne. Sie sind der Jedermann, der am öftesten auf dem Domplatz spielte, mit Generalproben rund 100 Mal. War der Jedermann die Rolle Ihres Lebens?
Es gibt immer wieder Rollen, mit denen man sich leichter und mehr identifizieren kann als mit anderen. Manche Schauspieler sind ja große Versteller wie etwa Gert Voss, den ich sehr geschätzt habe und mit dem ich sehr gerne gespielt habe. Immer wenn er auf die Bühne gekommen ist, hat er sich verwandelt. Dann gibt es andere wie den Hans Moser, und der ist immer der Gleiche. Ein wunderbarer Schauspieler, aber eben immer gleich. So ist immer die Frage, wo ist die Figur, in der man sich am besten, am freiesten bewegen kann? Was interessiert uns auf der Bühne, was interessiert unsere Zuschauer? Der Moment, der nicht vorherberechnet ist, an dem man sich und das Publikum überrascht. Der Moment, in dem wir Schauspieler genau wissen – jetzt hat er’s! Der Jedermann war für mich durchaus so eine Rolle. Ich zögere immer zu sagen, eine Rolle, denn der Jedermann ist mehr als eine Rolle. Die Figur auf der Bühne kann man, wenn man möchte, leben. Das war mein Streben, und ich bin heute noch der Meinung, dass ich es in dieHier
sem Punkt doch weit gebracht habe.
Wie sehr hat Sie Hollywood gereizt? Mit „Toni Erdmann“waren Sie vor fünf Jahren für den Auslandsoscar nominiert.
Ein Running Gag unter Schauspielern: Hollywood hat angerufen (lacht). Ein von mir geschätzter Kollege, Heiner Lauterbach, fragte: Wie soll mein Sohn heißen? Er sagte, er sei es leid, auf den Oscar zu warten, also nenne er seinen Sohn so. Damit er einen Oscar sicher hat (lacht). Ob man will oder nicht, den Oscar hat jeder im Hintergrund. Ich könnte mir aber nicht vorstellen, in Hollywood zu leben. Ich hatte Angebote, etwa für Serien wie „Better Call Saul“, die ich sehr schätze. Aber da hätte ich monatelang irgendwo in der mexikanischen Wüste sein müssen, und das konnte ich gar nicht, da ich immer zweigleisig – sprich Theater und Film – gefahren bin. Das Theater habe ich als Heimat begriffen und den Film sozusagen als Liebschaft. Arnold Schwarzenegger traf ich einmal bei einem Rennen in Schladming. Als ich wegen der Nominierung zum Auslandsoscar in Los Angeles war, wurde mir ein Treffen mit Arnie angeboten. Leider musste er an dem Tag zum Begräbnis von Altlandeshauptmann Josef Krainer nach Graz. Also ging ich mit Christoph Waltz essen, war auch sehr nett.
Das Interview wurde im Rahmen der Aktion „Botschafter mit Herz“geführt und vom „Steiermark Standortmarketing“zur Verfügung gestellt.