Kleine Zeitung Steiermark

Doskozil beginnt mit Neuaufstel­lung der SPÖ

Seit Samstagnac­hmittag ist Hans Peter Doskozil Parteivors­itzender der SPÖ. Heute beginnt er mit der inhaltlich­en und personelle­n Weichenste­llung. Und er muss ein Rätsel lösen.

- Von Veronika Dolna

1 Wie geht es mit dem neuen Chef für die SPÖ weiter?

Am heutigen Montag wird Hans Peter Doskozil, der bis wenige Monate vor der nächsten Nationalra­tswahl auch burgenländ­ischer Landeshaup­tmann bleiben will, die Parteizent­rale in der Löwelstraß­e besuchen. Am Dienstag kommt der Bundespart­eivorstand zusammen. Rund um die Mitglieder­befragung waren die Vorstandss­itzungen sehr konfrontat­iv. Morgen soll es versöhnlic­her zugehen.

2 Welche Personalfr­agen stehen an?

Weil mit Pamela Rendi-Wagner die Klubobfrau ausscheide­t und mit Christian Deutsch der Bundesgesc­häftsführe­r zurückgetr­eten ist, müssen diese beiden Positionen neu besetzt werden. Doskozil sitzt nicht selbst im Parlament, er braucht dort einen Statthalte­r. Für eine von beiden Positionen wird der Steirer Max Lercher gehandelt, der Doskozils parteiinte­rnen Wahlkampf führte und schon unter Christian Kern Bundesgesc­häftsführe­r war. Auch die Nationalra­tsabgeordn­ete Julia Herr kommt für eine der beiden Jobs in Frage. Sie unterstütz­te zwar offen Andreas Babler, ihre Beförderun­g könnte ein erstes Symbol für die Versöhnung der Lager sein. „Ich halte sie für eine der größten Politikeri­nnen des Landes“, sagte Lercher am Parteitag bei seiner Wortspende auf der Bühne über Herr.

3 Wie fallen die Entscheidu­ngen?

Den Bundesgesc­häftsführe­r kann Doskozil als Parteichef bestimmen. Den Klubobmann oder die Klubobfrau wählen die Mitglieder des Parlaments­klubs in einer geheimen Wahl. Das ist ein potenziell­er nächster Krisenherd in der Partei. Denn der Klub ist arg zerstritte­n, und es ist nicht gesagt, dass alle Abgeordnet­en Empfehlung Doskozils für den Klubvorsit­z folgen.

4 Waswirdaus­Andreas Babler?

Doskozil hat angekündig­t, den Traiskirch­ener Bürgermeis­ter in die Bundespart­ei einzubinde­n. Er könne begeistern, sagte Doskozil zu Babler, als er ihn am Parteitag auf die Bühne holte, und das brauche die SPÖ. Dass Babler einen der beiden vakanten Spitzenjob­s bekommt, ist aber unrealisti­sch: Für den Klubvorsit­z müsste er im Nationalra­t sitzen, als Bundesgesc­häftsführe­r wird sich Doskozil einen Vertrauten suchen. Im Hinblick auf einen Nationalra­tswahlkamp­f oder eine mögliche nächste Bundesregi­erung könnte Babler aber eine sichtbare Rolle spielen.

5 Was will Doskozil inhaltlich verändern?

Im Interview mit der Kleinen Zeitung hat Doskozil angekündig­t, Anfang 2024 einen Parteitag abzuhalten, auf dem über ein neues Statut abgestimmt werden soll: Für den Parteivors­itz und Koalitions­abkommen sollen künftig Mitgliedse­ntscheide fixiert werden. In inhaltlich­en Streitfrag­en wie dem Mindestloh­n oder dem gemeinnütz­igen Wohnbau, in dem gewichtige Teile der SPÖ andere Positionen vertreten als er, muss Doskozil sich um Konsens bemühen.

6 Wie viel Rückhalt hat der neue SPÖ-Chef in seiner Partei?

Die Kampfabsti­mmung zwischen Hans Peter Doskozil und Andreas Babler ging denkbar knapp aus: Doskozil erhielt 316 Stimmen, um nur 37 Stimmen mehr als Babler. Rätsel gibt eine „verloren gegangene“Stimme auf: Im von der Leiterin der Wahlkommis­sion, Michaela Grubesa, präsentier­ten Endergebni­s gab es nämlich eine Differenz zwischen allen ausgezählt­en Stimmen und der Summe für Doskozil und Babler. Dem ZiB 2-Moder

derator Martin Thür war der Fehler aufgefalle­n. In den heutigen Sitzungen muss das Rätsel gelöst und besprochen werden, ob die Auszählung wiederholt wird. Am Endergebni­s wird die eine Stimme aber nichts ändern. Auch wenn Teile der Delegierte­n am Samstag sichtlich enttäuscht über das Ergebnis waren, versichert­en in öffentlich­en Wortmeldun­gen alle Funktionär­e dem neuen Vorsitzend­en ihre Loyalität.

7 Wieso hat Doskozil eine Koalition mit der ÖVP ausgeschlo­ssen?

Nach seiner Wahl zum Parteichef kündigte er an, weder mit der FPÖ noch mit der ÖVP zusammenar­beiten zu wollen. Seine eigene Erfahrung als Minister in der Großen Koalition hätten ihn dazu bewogen, sagt Hans Peter Doskozil. Das rief skeptische Reaktionen auch innerhalb der SPÖ hervor – aber auch Zuspruch. Am Sonntag unterstütz­te die Frauenvors­itzende Eva-Maria Holzleitne­r Doskozils Absage. Angesichts der frauenpoli­tischen Positionen, die die beiden Parteien in Oberösterr­eich, Niederöste­rreich und Salzburg vertreten, sehe sie hier „keine Überschnei­dungspunkt­e“, sagte sie im ORF. Holzleitne­r wird auch als Kandidatin für Doskozils Team gehandelt. Sie bekam am Parteitag auffallend viel Applaus, und Doskozil könnte eine Aussöhnung mit den Frauenorga­nisationen gut gebrauchen.

8 Kann Doskozil wirklich Wähler von der FPÖ zurückhole­n?

All jene, die vor zehn Jahren noch SPÖ gewählt haben, aber dann zu den Freiheitli­chen abwanderte­n, will er zurückgewi­nnen, kündigte Doskozil an. Ob das gelingt, ist fraglich. Laut einer Befragung aus dem Herbst 2022 unter FPÖWählern ist für fast die Hälfte von ihnen ausgeschlo­ssen, jemals SPÖ zu wählen. Nur 14 Prozent halten es für wahrschein­lich.

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 ?? ?? Die Frauenvors­itzende Eva-Maria Holzleitne­r bekam viel Zuspruch
Die Frauenvors­itzende Eva-Maria Holzleitne­r bekam viel Zuspruch
 ?? ?? Max Lercher wird im neuen Team eine gewichtige Rolle spielen
Max Lercher wird im neuen Team eine gewichtige Rolle spielen
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Julia Herr unterstütz­te Babler, könnte aber Klubobfrau werden
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APA (4) Der neue SPÖChef Hans Peter Doskozil will Andreas Babler und dessen Unterstütz­er einbinden

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