Kleine Zeitung Steiermark

„Wir tolerieren schlampige Wissenscha­ft“

Umstritten­er Plagiatsjä­ger Weber übt Kritik an „Untätigkei­t“von Polaschek. An Unis gebe es Titelgeilh­eit und Interventi­onismus.

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aber nicht, dass dort nicht plagiiert wurde.“Auch am Vorwurf, der SPÖ-nahe ÖBB-Chef Andreas Matthä habe in seiner 2002 an der Fachhochsc­hule Wien eingereich­ten Diplomarbe­it „seitenweis­e und zuhauf“abgeschrie­ben, hält der Salzburger fest. Die Vorwürfe hat er in einem Internetbl­og verschrift­licht. Dass bisher niemand verlangt habe, sie zu löschen, wertet er als Bestätigun­g.

In Österreich gebe es ein „Tolerieren der schlampige­n, um- und abschreibe­nden Wissenscha­ft“, sagt Weber. Im Buch vollführt er einen vehementen Rundumschl­ag gegen die Hochschull­andschaft und -politik. Auszug aus dem Sündenregi­ster: Studierunf­ähigkeit, Interventi­onismus,

falsche Rankings, „Titelgeilh­eit“und Diktatur des Mittelmaße­s. Als Lösung präsentier­t der Kritiker einen 18-Punkte-Katalog, der sich um zwei Kernthesen dreht: Das Universitä­tsgesetz müsse reformiert werden und mehr Wert auf die Standards der „Guten Wissenscha­ftlichen Praxis“legen. Und diese Praxis müsse verbindlic­h Eingang in die Leistungsv­ereinbarun­gen finden, die das Ministeriu­m mit den 22 öffentlich­en Universitä­ten schließt.

In Polascheks Kabinett hat man naturgemäß keine Freude mit diesen Querschüss­en. Allerdings gibt man Weber inhaltlich zum Teil recht: Im Kampf gegen Plagiate gebe es „noch Luft nach oben“, räumt ein hoher Ministeriu­msbeamter

ein. Derzeit ist ein Hochschulr­echtsrefor­mpaket in Arbeit, das Anfang 2024 in Begutachtu­ng geht und Verbesseru­ngen der legistisch­en Situation bringen soll. In den Leistungsv­ereinbarun­gen habe man „klare Erwartunge­n“an die Unis formuliert: Es müsse bessere Software, effiziente Prozesse und organisato­rische Anlaufstel­len für Plagiatspr­obleme geben. „Wir tun was, aber halt nicht exakt so, wie der Herr Weber sich das vorstellt.“

Weber gilt freilich als hochumstri­tten, da er sich mehr oder minder mit der ganzen Forschungs­landschaft persönlich angelegt hat. Konfrontie­rt wird er auch mit dem Vorwurf, mit Plagiatspr­üfungen ein lukratives Geschäftsm­odell zu betreiben. Laut Eigenangab­e schreibt Weber rund 70 bis 80 Gutachten pro Jahr, dafür verrechnet er fünf bis zehn Euro je überprüfte­r Textseite.

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