Mühsame Wahrheitssuche nach 13 Jahren
Im Jahr 2010 explodierte bei einer Flüchtlingsunterkunft in Graz ein Sprengsatz. Jetzt standen deswegen drei Männer vor Gericht.
Am 11. September 2010 gab es gegen 1.40 Uhr eine Detonation am Eingang des Flüchtlingsheims in Graz. 35 Bewohner und eine Betreuerin wurden aus dem Schlaf gerissen. Ein damals 49-jähriger Georgier stürzte und verletzte sich, als er nachschauen wollte.
Ansonsten gab es zwar keine Verletzten, aber der rohr- oder dosenförmige Sprengkörper wäre laut damaligen Ermittlungen imstande gewesen, Menschen schwer zu verletzen. Der Sprengsatz war – wie man heute weiß – mit Schwarzpulver versehen.
Jetzt, mehr als 13 Jahre später, müssen sich drei Männer dafür vor Gericht verantworten. Am dritten Prozesstag gestern blieben alle drei Angeklagten dabei: nicht schuldig. Und weder die von Richterin Sabine Anzenberger angestrengten Versuche, mit weiterführenden Ermittlungen doch noch Licht ins Dunkel der damaligen Ereignisse in der Tatnacht zu bringen noch die Erinnerungen zweier unmittelbarer Zeugen der Detonation brachten wesentliche Erkenntnisse.
Offensichtlich wurden manche direkten Zeugen damals zwar einvernommen, dennoch finden sich von mehreren Gesprächen keinerlei Protokolle oder Niederschriften im Akt – ob sie nun nie angefertigt wurden oder nach dieser langen Zeit einfach nicht mehr auffindbar waren, bleibt ungeklärt.
Dass die Erinnerungen der Zeugen freilich nach mehr als 13 Jahren auch nur mehr Bruchstücke sind, erscheint wenig überraschend. Sie können keine wirklich handfesten Aussagen zu ihren Beobachtungen in der fraglichen Nacht machen, als sie in unmittelbarer Nähe des Tatorts Personen gesehen haben.
Auch die Gegenüberstellung mit den drei Angeklagten bringt sie da nicht mehr auf die Sprünge. Von der Größe her könnten es zwei der Angeklagten gewesen sein, meinen sie. Nur eines können die beiden Zeugen, die sich schon damals zum Zeitpunkt der polizeilichen Einvernahmen unsicher waren, sagen: „Es waren Männer.“
Die Eindrücke des Anschlags selbst haben sich bei den Zeugen – zwei Mitarbeiter der Grazer Linien, die in der Nacht an einer Bushaltestelle in der Nähe des Tatorts die Fahrpläne ausgetauscht haben – tiefer eingebrannt. „Plötzlich gab es einen lauten Knall, wie eine Bombenexplosion. Dann haben wir die Druckwelle gespürt“, erzählen sie. Sie seien etwa 100 Meter ent
fernt gewesen und waren sich sicher: „Das war ein Anschlag. Schnell weg.“
Am Nachmittag wurde noch ein weiterer Zeuge befragt, der vor mehr als 13 Jahren eine zentrale Schlüsselfigur in der rechten Szene war, in der sich die Angeklagten bewegt haben.
Die Geschworenen haben sich nach den Schlussplädoyers des Staatsanwaltes und der drei Strafverteidiger beraten – bis Redaktionsschluss hatten sie aber noch kein Urteil gefällt.