Kahr: „Fühlte mich über den Tisch gezogen“
Zivilprozess um Abfertigung: Kahr und Eber hatten zunächst 108.000 Euro Abfertigung für Ex-Spitzenbeamtin unterschrieben.
Tag eins im pikanten Prozess: Ex-Spitzenbeamtin Verena Ennemoser, heute Präsidentin des Landesverwaltungsgerichts, verklagt die Stadt Graz auf 108.000 Euro oder neun Monatsgehältern an Abfertigung. Die Stadt steht heute auf dem Standpunkt: Ennemoser habe darauf gar keinen Anspruch.
Das war aber nicht immer klar. Denn Bürgermeisterin Elke Kahr und Personalstadtrat Manfred Eber (KPÖ) haben im Jänner 2023 eine Vertragsauflösung inklusive Abfertigung unterschrieben, ehe die Personalabteilung das Papier als „nicht rechtswirksam“qualifizierte. Warum die Unterschrift?
Ennemoser war früher ÖVPGemeinderätin, wurde in der Ära von Ex-Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) zunächst Leiterin der Bau- und Anlagenbehörde, dann der Präsidialabteilung. Stets ausgestattet mit Sonderverträgen, wie Ennemoser aussagt. Das Gehalt habe sie mit den jeweiligen Personalstadträten und fallweise mit Nagl selbst ausgemacht, erst dann erging der Auftrag ans Personalamt, das die Sonderverträge aufgesetzt hat.
Auch bei der Abfertigung im Jänner 2023 hält sich Ennemoser nicht an den Dienstweg und wendet sich ans Personalamt und dessen Leiter Erich Kalcher, sondern an Eber und Kahr. Diesmal nimmt sie aber eine bereits fertige Vereinbarung mit, die sie vorbereitet hat. Kahr und Eber unterschreiben, Ennemoser lässt das Dokument der Personalabteilung schicken.
Kalcher, im Prozess Zeuge wie Magistratsdirektor Martin Haidvogl, alarmiert Eber und fragt: Warum unterschreibt ihr das ohne Rücksprache? Aus seiner Sicht ist „die Auflösungsvereinbarung nicht rechtswirksam“. Ennemoser habe als Vertragsbedienstete, die als Beamtin zum Land wechselt, keinen Anspruch.
Kahr, ebenfalls einvernommen, betont: „Ich fühlte mich über den Tisch gezogen.“Ennemoser war die zweithöchste Juristin der Stadt, sie habe ihr vertraut. Es folgte ein Gespräch mit Kahr, Eber, Haidvogl, Kalcher mit Ennemoser samt Anwalt, das keiner als harmonisch in Erinnerung hat. Seitdem ist man im Streit verbunden.
Die Richterin hatte zu Beginn zu einem Vergleich geraten. Die Rechtsfrage sei komplex, das Verfahren gehe sicher vor das Oberlandesgericht. Ennemoser zeigte sich offen, die Stadt nicht. Nach sechs Stunden Verhandlung war Tag eins zu Ende, Tag zwei ist noch offen.