„Wo bleibt der ‚Weltmenschheitstag‘?“
Leserinnen und Leser machen sich nach dem Weltfrauentag noch Gedanken über Gleichbehandlung, weibliche Entscheidungsmöglichkeiten, ungleiche Bezahlung und geschlechterspezifische Vorurteile.
Ausgabe zum Weltfrauentag, Leitartikel: „Sehschwächenkorrektur“, 8. 3.
Wir sollten den Tag als Weltmenschheitstag begehen und eigent- lich sollte es eine Selbstver- ständlichkeit sein, dass Frauen alles sein können und dürfen. Unternehmerin, Lehrerin, Sport- lerin, Mutter, Vamp oder auch unsportlich, mit langen oder kurzen Haaren, mit Bauch oder ohne, mit Hirn oder ohne! Ge- nauso wie Männer. Es muss doch im 21. Jahrhundert möglich sein, einfach den Menschen zu sehen. Ich weiß, viele Männer haben Angst, Angst davor, über- holt zu werden und vielleicht noch von Frauen. Ja, dürfen die das? Ja, sollen sie! Ich habe schon so viele tolle Frauen in je- dem Alter kennengelernt und ich liebe es, mit kompetenten Frauen zusammenzuarbeiten. Und ja, es gibt auch Frauen, die in ihrer Position nichts verloren haben, wie manche Männer, die sind eben schlicht inkompetent.
Solange wir uns noch darüber aufregen, dass eine Frau kurze Haare hat – geäußert von Män- nern mit Glatze –, stehen wir ei- gentlich noch ganz am Anfang. Und so lange brauchen wir den Weltfrauentag, aber eigentlich keinen Weltmännertag. Liebe Geschlechtsgenossen, feiern wir den Tag mit den Frauen und hel- fen, es besser zu machen!
Klaus Höllbacher, Graz
Gemeinschaft stärken
Es erscheint uns völlig normal, Menschen in Gruppen einzuteilen, ihnen bestimmte Merkmale zuzuweisen – und sie damit von- einander zu trennen: Mann vs. Frau, rechts vs. links, Inländer vs. Ausländer, hetero vs. queer, weiß vs. People of Color, geimpft vs. ungeimpft, … Menschen in Gruppen werden auf die Merkmale dieser Gruppe reduziert und verlieren damit an „Menschsein“. Im schlimmsten Fall werden sie von anderen Gruppen überhaupt nicht mehr als Menschen gesehen (Femizid, Genozid, Shoah).
Da sich die Merkmale der Gruppen unterscheiden, ent- steht automatisch ein Lager- denken. Wir gegen die anderen. Unter diesen Bedingungen braucht es niemanden zu ver- wundern, dass es zu keinen po- sitiven Veränderungen kommt und sich Fronten verhärten.
Mensch sein ist das einzige Merkmal, das uns allen gemein- sam ist, das uns eint und nicht trennt. Wenn wir uns wieder als Menschen wahrnehmen, kön- nen wir versuchen, bessere Men- schen zu werden. Dann werden wir automatisch auch z. B. bes- sere Männer (bzw. Frauen) sein – und niemand wird sich dabei betrogen fühlen – ganz im Gegenteil. Martin Furjan,
Velden
Entscheidungsfreiheit
Der Weltfrauentag und die da- mit verbundenen Aussagen mancher Parteien stimmen mich sehr nachdenklich. Unsere Gesellschaft befindet sich unbe- stritten in einem Wertewandel. Ob gut oder schlecht, liegt im
Auge des Betrachters. Heute gilt man als Powerfrau, wenn man sein Kind mit ins Amt nimmt, und ist damit „richtig cool“. Eine für mich eher zweifelhafte An- sicht mancher Karrierefrauen. Aber jeder, wie er will.
Jede Frau sollte die Möglich- keit haben, sich für Familie oder Karriere, oder beides, nach ihrem Willen zu entscheiden. Die wertvollste Karriere einer Frau könn- te die Rolle der Mutter sein, in- dem man diese Berufung als Mutter in einen Berufsstand er- hebt, der auch bezahlt wird! Die- se Tätigkeit bis zum Ende der Prägephase eines Kindes wäre ein unschätzbarer Beitrag für die Familie und den Staat. Aber sie hat in unserer Gesellschaft scheinbar weder Platz noch Wert. Hannes Löschenkohl,
Kappel/Krappfeld
Frauen an die Macht
Ich bin ganz persönlich der fes- ten Überzeugung, dass die Welt und ihre Bevölkerung viel bes- ser dastehen würden, wenn Frauen an den „Hebeln der Macht“säßen!
Reinhart Nunner, Semriach
Mathematikerinnen
Im Leitartikel zum Weltfrauentag wurde als Beispiel die „angehende Mathematikerin“ge- nannt, die im Hörsaal „allein un- ter Männern“sitzt. Ich verstehe natürlich, dass das eine über- spitzte Darstellung ist, aber es scheint mir wichtig, dieses Bild ein bisschen zurechtzurücken. Wir haben in Graz im Mathematik-Studium (Bachelor Mathematik, nicht Lehramt) einen Frauenanteil von 35 bis 40 Prozent. Das ist von einem ausgeglichenen Verhältnis noch immer ein gutes Stück entfernt, aber es ist auch nicht so, dass man als Frau in einer Mathematik-Vorlesung eine auffällige Ausnahme wäre.
An alle jungen Frauen, die überlegen, ein Mathematik-Studium zu beginnen: Ihr braucht euch definitiv keine Sorgen zu machen, dass ihr im Studium als einzige Frau im Hörsaal sitzen könntet. Lasst euch nicht von Klischeevorstellungen abschrecken, ihr seid bei uns herzlich willkommen.
Christoph Aistleitner, Mathematik-Professor TU Graz
Unsäglich
Wer und wozu widmet man(n) Frauen überhaupt solche Tage? Der Reset-Knopf wird jedes Jahr bis zur Lächerlichkeit gedrückt und es folgt die obligate, jährliche, sinnlose Thesenpaukerei. Das nochmals Schlimmere daran: Für realitätsfremde Wichtigtuer und Theoretiker ist dies eine Plattform als Spielwiese auf Kosten jener, denen gar nicht zum „Spielen“zumute ist!
Veronika Spitzer, St. Ulrich
Generalstreik
Wie wär’s, wenn die Frauen in Österreich, vertreten durch die Frauensprecherinnen in allen politischen Parteien, im Gewerkschaftsbund, in den anerkannten Kirchen und in allen Vereinen, aufstünden und einen
Generalstreik aller berufstäti- gen Frauen ausrufen würden? Der bräuchte nur drei oder vier Tage dauern, dann würden sie das Ziel einer gendergerechten Bezahlung sofort erreichen. Die in der Wirtschaft dominieren- den Männer würden wahr- scheinlich klein beigeben.
Gerhard Pilz, Graz
Verantwortung
„Benko muss sein Vermögen offenlegen“, 9. 3.
Die Benko-Story stimmt nachdenklich: Der Mann hatte nicht nur Vermögen. Er hätte, wie je- der seriöse Reiche, ebenso eine gewisse „Verantwortung“dafür zu tragen gehabt! Wenn dieser Mann nun in die Privatinsol- venz geht, erahne ich, dass er sich sicherlich entsprechend da- rauf vorbereitet hat. Ich vermu- te, dass er seine Sakkos auch morgen nicht im Carla-Laden und sein Essen bei der Tafel ab- holen wird müssen.
Die angesprochene Verant- wortung wird nun auf viele abgewälzt! Gläubiger, Projektpart- ner, Mitarbeiter und schließlich den Staat. Werner Pregetter,
Leoben
Frieden mit Siegern
Ich wünschte, Wien wäre der Ort, wo sich der russische und der ukrainische Botschafter im Beisein „der Weltöffentlichkeit“begegneten und eine Friedens- botschaft empfingen: zwei Gold- münzen – die eine (eigene) für den am schwersten betroffenen Sieger des Zweiten Weltkrieges aus einer Zeit, die es nicht mehr gibt, und als Ermutigung, das Neue anzuerkennen und – wie der Philharmoniker für Österreich – eine neue Goldmünze zu prägen; die andere aus einem anderen Alpenland, das mit seiner Neutralität in Europa sehr anerkannt ist und doch nicht der EU angehört und vielleicht als Vorbild für eine Zukunft der Ukraine gelten könnte? Ja, und dann gehen die Botschafter zu ihren Vorgesetzten, den Außenministern, und dann gehen die Außenminister zu ihren Vorgesetzten, zeigen die jeweilige Münze und sagen, dies ist der Wunsch der Welt und unsere Bitte: Wir bitten um Frieden!
Holger Blisse, Wien
Keine Klimakleber?
„Zwischen Weinreben liegt die
Wahrheit“, 6. 3.
Wo bleiben hier bitte die ach so geliebten Klimakleber?! Hier bei der Rebenlandrallye könnten sie sich nützlich machen! Da donnern 91 Fanatiker durch ein wunderschönes Weingebiet, von Umweltverschmutzung, Flurschäden etc. ganz zu schweigen, aber Veranstalter und Tourismus haben ja nur das €-Zeichen in den Augen, der Euro muss rollen, Umwelt und Klima hin oder her. Hauptsache, die Einnahmen stimmen.
Sonja Sexl, Feldbach