Für mehr Pflanzerei am Dach
Grazer Verein Gründa will dafür sorgen, dass mehr Gras über den Dächern wächst. Wie die Stadt mit dem Thema umgeht.
Sogar Latschen wachsen hier, und Fassadenbegrünung gibt es auch noch – perfekt“, loben Andreas Jäger und Fabio Steiner. Mit dem (nicht öffentlich zugänglichen) Dach des Merkur Campus in der Conrad-von-Hötzendorf-Straße sind die beiden sichtlich zufrieden. Und auch direkt nebenan, direkt über dem Newsroom der Kleinen Zeitung im Styria Media Center grünt es am Dach, selbst Bienenstöcke sind hier daheim.
Aber es könnte noch mehr Gras über die Dächer wachsen. Viel mehr. Mit dem bekannten Meteorologen und ORF-Moderator Jäger als Botschafter hat es sich der Verein Grazer Gründa zur Aufgabe gemacht, für mehr Dachbegrünungen zu sorgen. Dafür betreibt man Aufklärungsarbeit, informiert über Fördermöglichkeiten, vernetzt Interessierte mit Firmen und hat jetzt auch eine Petition gestartet, die sich an das Parlament richtet. „Es geht um einheitliche Regelungen, vor allem aber einen verpflichtenden Gründachanteil bei Neubauprojekten“, sagt Steiner.
Die Gründe für mehr Grün am
Fabio Steiner und Botschafter Andreas Jäger vom Verein Gründa, hier gemeinsam am begrünten Dach des Merkur Campus
Dach liegen auf der Hand. „Die klassischen Flachdächer mit Kiesel heizen sich auf 80 Grad und mehr auf, während ein begrüntes Dach verhältnismäßig kühl bleibt“, sagt Jäger. So brauche man für das Gebäude keine Klimaanlage im Sommer, Wasser würde gespeichert und die Stadt heize sich insgesamt weniger auf – sogar die Folie, mit der das Dach abgedeckt wird, halte länger. Auch Photovoltaik-Anlagen am Dach würden effizienter arbeiten, wenn es nicht so heiß wird. Ein begrüntes Dach sei in der Errichtung zwar teurer, über die Jahre spare man dafür aber viel an Energiekosten. Und: Statisch sei eine Begrünung bei allen Häusern
Andreas Jäger Meteorologe, Moderator
überhaupt kein Problem: „Denn unsere Häuser müssen ohnehin auf eine Schneelast ausgerichtet sein“, argumentieren die beiden.
Durch den drohenden Klimawandel wird das Thema Dachbegrünung in den letzten Jahren stärker forciert, die Forderung, Gras & Co. am Dach wachsen zu lassen, ist dabei schon viel älter. Die Schweizer Architekturikone
Le Corbusier plädierte schon vor 100 Jahren: „Ist es nicht wahrhaft wider aller Logik, wenn eine ganze Stadtoberfläche ungenutzt und der Zwiesprache mit den Sternen vorbehalten bleibt?“. Die Nutzung von Dächern – als Garten, Aufenthaltsbereich oder der Natur
Ein Flachdach mit Kiesel heizt sich auf 80 Grad auf, ein begrüntes Dach bleibt kühl.
Ist es nicht wahrhaft wider aller Logik, wenn eine ganze Stadtoberfläche ungenutzt bleibt?
überlassene Fläche – war eine seiner fünf Hauptforderungen an eine neue Architektur.
Eine Schweizer Stadt, nämlich Basel, ist auch Vorreiter und hat Begrünungen für Flachdächer schon vor 20 Jahren im Baugesetz verankert, mittlerweile ist man weltweit die Stadt mit der höchsten Dachbegrünungsquote. In Linz muss seit 2021 jedes Dach über 100 Quadratmeter begrünt werden, und am 1. Januar 2024 ist in Berlin eine neue Bauordnung für Dächer ab 100 Quadratmetern in Kraft getreten. Zahlreiche andere deutsche Großstädte haben bereits ähnliche Verordnungen.
Und Graz? Die Stadt schreibt seit letztem Jahr durch den
Le Corbusier Architekt (1884–1965)
Grünflächenfaktor eine Begrünung bei Neubauten vor, eine verpflichtende Begrünung für Dachflächen ab 60 Quadratmetern ist in der noch nicht rechtskräftigen Reform 4.08 des Stadtentwicklungskonzeptes enthalten. „Ein wesentlicher Faktor für eine nachhaltige und klimafreundliche Stadtentwicklung“, sagt Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne). Urbane Begrünung will man durch das Umweltamt weiterhin auch finanziell unterstützen – was im November auch im Gemeinderat beschlossen wurde. Bei allen Bauvorhaben wie etwa öffentlichen Schulen würde die Stadt mit gutem Beispiel vorangehen, die Küche Graz solle hier zum Vorzeigeprojekt werden. Wie schon die Kommunalwerkstätte in der Hedwig-Katschinka-Gasse, wo am Dach Gras wächst und zusätzlich eine PVAnlage errichtet wurde.