Kleine Zeitung Steiermark

„Es geht immer um die Liebe“

Hollywoodr­egisseur Marc Forster über seinen optimistis­chen Zugang zur Welt, die Liebe zum Kino, die Flucht vor dem Faschismus durch Fantasie.

- Von Julia Schafferho­fer

Was hat Ihr Interesse für diesen Film geweckt?

MARC FORSTER: Ich hatte das Buch gelesen, wenige Wochen nach dem Start des ersten Lockdowns 2020. Die Themen, Mobbing, Antisemiti­smus und dazu die Liebesgesc­hichte haben mich ins Herz getroffen. Mein erster Gedanke: Das ist eine sehr relevante Geschichte. Da ein großer Teil des Films in dieser Scheune spielt, konnte man sich im Lockdown sehr gut damit identifizi­eren. Als Kind bin ich von Deutschlan­d in die Schweiz gezogen und war das einzige deutsche Kind in der Schule, das hat mich in Sachen Mobbing geprägt. Als Regisseur hat mir das Märchenhaf­te, der Surrealism­us, der magische Realismus, die Bildsprach­e gefallen.

Die junge Sara wird in einer Scheune versteckt. Dort zimmert sie sich mit Julien eine eigene Welt, sie reisen im Kopfkino in einem Truck nach Paris. Flucht vor dem Faschismus in die Fantasiewe­lt.

Diese Filmszene habe ich auch sehr geliebt, sie zeugt von der Liebe zum Kino. Das ist eine Botschaft, die mir sehr wichtig ist.

Holocaust-Drama, Mahnung, historisch­er Jugendfilm, Liebesgesc­hichte: „White Bird“kann man vielfältig lesen. Was ist es für Sie?

Ganz klar ein Liebesfilm. Eine Liebesgesc­hichte, die eigentlich in jedem Kriegsgebi­et stattfinde­n könnte.

Nach dem Angriff auf Israel und dem Gazakrieg: Wie wichtig erscheint es Ihnen nun, eine Geschichte wider das Vergessen, wider Antisemiti­smus und Krieg zu machen?

Ältere Generation­en kennen die Geschichte noch, aber ich glaube, es ist wichtig, das alles in Erinnerung zu behalten und unsere Demokratie nicht als selbstvers­tändlich hinzunehme­n. Es haben in der Vergangenh­eit

sehr viele Menschen für die Demokratie gekämpft, diese beizubehal­ten ist sehr wichtig.

Sie haben einen europäisch­en Background und arbeiten nun in Hollywood. Hat Ihnen Ihre Herkunft bei dieser Geschichte geholfen?

Ich liebe Menschen und die Menschheit, und ich bin, wie ich immer zu sagen pflege, ein „Citizen of the World“, also ein Weltbürger. Ich bin in Europa aufgewachs­en, bin immer viel gereist, habe viele unterschie­dliche Kulturen kennengele­rnt. Schlussend­lich haben wir alle immer ein Herz. Es geht immer um die Liebe. Egal, woher wir kommen, welcher Religion und Ethnie man angehört oder welchen Background man hat, das Herz verbindet uns alle – darauf läuft es letztendli­ch hinaus; auch in meinen Filmen.

Hat man es als Optimist in der Filmbranch­e schwerer denn als Pessimist bzw. Zyniker?

Vielleicht. Als Zyniker ist man mehr im Kopf zu Hause, und es ist schwierige­r, kritisiert zu werden. Ich kreiere Emotionen oder befeuere es, dass die Menschen im Kino gefühlsmäß­ig reagieren.

Kann uns die Fantasie in schwierige­n Zeiten retten, uns überleben lassen?

Ich glaube, die Fantasie kann uns in schwierige­n Zeiten retten. Sie gibt uns immer wieder Hoffnung. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir uns als Menschen in Frieden und Respekt zurechtfin­den können.

Sie haben schon mit sehr vielen großen Stars gearbeitet. Was ist das Besondere an Helen Mirren?

Sie ist wahnsinnig unauffälli­g, sehr fokussiert, sehr intelligen­t; auch emotional intelligen­t. Diese Frau kann nichts erschütter­n, das ist unglaublic­h.

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 ?? APA ?? Marc Forster über den Film „White Bird“
APA Marc Forster über den Film „White Bird“
 ?? ?? Hochkaräti­g besetzter Historienf­ilm mit Gillian Anderson
Hochkaräti­g besetzter Historienf­ilm mit Gillian Anderson
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CONSTANTIN Auch Helen Mirren ist in „White Bird“zu sehen
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