Über den Reiz einer Femme fatale
Schauspielerin Proschat Madani über die queere Liebeskomödie „What a Feeling“, die Rolle des Sexmonsters und Schubladen, in die man sich steckt.
Die Rolle der Handwerkerin Fa, die in „What a Feeling“von Kat Rohrer gerne alle Bedürfnisse ihrer Kundinnen befriedigt, wurde für Sie geschrieben. Wann sind Sie denn in den Prozess eingestiegen?
Ich war von Anfang an eingebunden. Die Idee für den Film basierte darauf, dass Kat Rohrer und ich wieder miteinander arbeiten wollten. Eines Tages kam sie und sagte: „Ich hab’s.“In der Pandemie hat sie begonnen, das Drehbuch zu schreiben. Aus meiner und anderen Biografien hat sie Dinge für die Geschichte übernommen; gerade, was den iranischen Hintergrund anbelangt. Das Buch wurde immer reicher und bunter; wie ein Mosaik.
Ist die sexhungrige und lustige Tischlerin so etwas wie eine Traumrolle für Sie?
Kat hat die Gabe, mir Dinge ins Drehbuch zu schreiben, die ich nicht bin und noch nicht kann. Im ersten gemeinsamen Film war es das Radfahren, das ich lernen musste, um in Kärnten dauernd Berge hinauf- und hinunterzufahren. Dieses Mal war es die Tischlerin, die noch dazu singt und rappt. Dass ich Iranerin bin und in Österreich aufgewachsen bin, das stimmt aber (lacht).
Ist das das Reizvolle an dem Beruf, dauernd jemand anderes sein zu können?
Das Reizvolle ist, dass man in Leben, Situationen, Fertigkeiten, Haltungen und Gefühle eintauchen kann, die nichts mit einem zu tun haben, einem fremd sind. Wenn man dauernd das spielen würde, was man selbst ist, ist das sehr begrenzt.
Man könnte den Kinofilm „What a Feeling“auch als romantische Liebes- oder sogar als Sexkomödie bezeichnen. Wie sehen Sie das?
Das auch noch! Ich, das Sexmonster! Das hat nicht viel mit mir zu tun. Es ist sehr reizvoll, sich in eine verführerische Femme fatale hineinzuversetzen. Das ist eine Möglichkeit, sich innere Räume zu öffnen, von denen man keine Ahnung hatte, dass sie existieren. Es ist immer erstaunlich, dass man vielfältiger ist als die wenigen Schubladen, in die man sich selbst steckt oder von anderen gesteckt wird.
Hand aufs Herz: Wie kann man sich denn im Vorfeld als Schauspielerin darauf vorbereiten, verführerisch zu sein?
Zum einen waren es praktische Sachen, um mich in meinem Körper wohler zu fühlen. Seit dem Beginn der Wechseljahre hatte ich ein paar Kilos mehr als davor. Ich nahm mir einen „Personal Trainer“. Ich habe mir viele Filme und Serien über queere Liebesgeschichten angeschaut, einen Freundeskreis aus dieser Community. Kat selbst konnte mir auch helfen. Lesbisch sein ist im Film eine Variation des Themas Anderssein (oder anders zu sein). Es geht aber gar nicht ausschließlich darum.
Worum geht es denn aus Ihrer Sicht?
Die Themen des Films sind Zugehörigkeit und die Angst, diese zu verlieren. Zudem das Fremdsein und das Anpassen an unterschiedliche Dinge: das Anpassen einer Ausländerin an das Land, in dem sie lebt. Das Anpassen einer Frau an ihren Mann, das Anpassen an ihren Beruf, an die Familie. Wie groß ist die Angst, meine Zugehörigkeit zu verlieren, wenn ich mich zu dem bekenne, was ich bin. Da musste ich nicht groß recherchieren.
Es ist auch eine Geschichte über die Möglichkeit eines Neuanfangs – auch im höheren Alter.
Das Interessante ist, dass wir unsere Lebensentwürfe immer als gegeben hinnehmen. Viele
Menschen sind so sehr in ihrer Normalität gefangen, dass sie ihre wirklichen Bedürfnisse gar nicht mehr fühlen. Das Selbstverständliche wird als authentisch betrachtet, dabei ist das Selbstverständliche oft nur das Eingeübte. Man übt oft etwas ein, was gar nicht echt ist, bis es sich echt anfühlt. Ich fühle mich oft sehr falsch in diesem Beruf, weil ich ein introvertierter Mensch bin und mein Leben in der Einsiedelei verbringen könnte. Gott sei Dank habe ich diesen Beruf, der mich da immer wieder auch rausholt.