Kleine Zeitung Steiermark

„Vollbrett“, Tränen und eine voreilige Single

Zum sechsten Mal ist der SK Sturm Teil eines Thrillers am letzten Spieltag. Bei den bisherigen „Endspielen“erlebten die Grazer eine Achterbahn der Gefühle.

- 25. Mai 2011: Franco Foda und Samir Muratovic Von Peter Altmann 25. Mai 2011: Sturm Innsbruck 2:1 29. Mai 1999: Ivica Osim und Mario Haas

In sportliche­r Hinsicht gibt es für alle Beteiligte­n kaum Nervenaufr­eibenderes, als wenn nach einer langen Meistersch­aft die Titelentsc­heidung erst in der letzten Runde fällt. Der SK Sturm erlebt nach 13 Jahren wieder ein „Grande Finale“– zum sechsten Mal in der Bundesliga. Die „Endspiele“wurden zur wahren Achterbahn der Gefühle. Zwei Mal ging es gut aus, drei Mal strauchelt­e man.

Die Erinnerung­en an den bis dato jüngsten Meistertit­el in Schwarz-Weiß sind bei vielen Sturm-Fans vermutlich noch präsent. Die Grazer gingen mit zwei Punkten Vorsprung auf Austria Wien in die letzte Runde und machten dank eines späten Siegtreffe­rs von Samir Muratovic gegen den FC Wacker alles klar. Die Austria unterlag zeitgleich Salzburg mit 2:4 und musste Platz zwei noch an die „Bullen“abtreten. Die Feierlichk­eiten in Liebenau bleiben unvergesse­n. Meistertra­iner Franco Foda musste Haare lassen, Verteidige­r Thomas Burgstalle­r hatte schon bei der Tellerüber­gabe

ein „Vollbrett“. „Jetzt feiern wir ein paar Tage durch“, kündigte Torschütze Andreas Hölzl an. „Wenn mir jemand vor der Saison prophezeit hätte, dass wir Meister werden, hätte ich ihn für verrückt erklärt“, gestand Sportdirek­tor Oliver Kreuzer.

Sturm: Gratzei; Standfest, Schildenfe­ld, Pürcher, Perthel; Hölzl (88. Ehrenreich), Kienzl, Weber, Kainz (76. Haas); Kienast (68. Muratovic), Szabics. Tore: Hölzl (14.), Muratovic (84.) bzw. Hauser (29.)

27. Mai 2000: Ried – Sturm 1:1

Sturm ging 2000 mit der Hoffnung

auf den dritten Meistertit­el in Folge in den letzten Spieltag, erfüllte jedoch die eigene Pflicht nicht. Die Grazer hatten eine Runde vor Schluss zwar die klar bessere Tordiffere­nz als Tabellenfü­hrer FC Tirol, allerdings auch einen Punkt Rückstand. Das 1:1 in Ried hätte also nur im Falle eines Innsbrucke­r Ausrutsche­rs zu Hause gegen Austria Wien gereicht. Zwischenze­itlich war Sturm in diesem Fernduell sogar rund 25 Minuten lang Meister, doch Tirol behielt die Nerven. „Ich habe immer gewusst, dass die Tiroler keine dummen Menschen sind und

auch Fußball spielen können. Tirol ist ein würdiger Meister“, gratuliert­e Präsident Hannes Kartnig fair.

Sturm: Schicklgru­ber; Foda (85. Reinmayr); Neukirchne­r, Milanic (80. Strafner); Schopp, Fleurquin, Schupp, Kocijan, Prilasnig; Juran (62. Szabics), Vastic. Tore: Fading (78.) bzw. Kocijan (11.).

29. Mai 1999: Sturm – FC Tirol 3:0

Als sich Freuden- und Abschiedst­ränen vermischte­n. Der ausgewechs­elte Mario Haas weinte hemmungslo­s an der Schulter von Trainer Ivica Osim, weil er den Klub in Richtung Straßburg verließ. Bei seinem vorerst letzten Auftritt schoss Haas Sturm per Doppelpack zum Meistertit­el, Jan-Pieter Martens traf ebenfalls. Die Grazer gingen mit einem Punkt Vorsprung auf Rapid, aber ohne den gesperrten Ivica Vastic in die letzte Runde und sicherten mit dem Sieg den zweiten Meistertit­el in Folge. Osim dankte Matchwinne­r Haas: „Ich bin immer traurig, wenn so ein Spieler den Verein verlässt. Ihn zu ersetzen, ist fast ausgeschlo­ssen.“

Sturm: Sidorczuk; Foda; Neukirchne­r, Popovic; Schopp, Mählich, Schupp (76. Minavand), Martens, Prilasnig; Reinmayr (83. Berco) , Haas (76. Kocijan). Tore: Haas (11., 74), Martens (48.)

1. Juni 1996: Rapid – Sturm 2:0

Mehr Endspiel geht nicht! 1996 trafen die beiden Titelrival­en Rapid und Sturm im restlos ausverkauf­ten Happel-Stadion in einem emotionale­n direkten Duell aufeinande­r. Beide Teams verfügten über eine Tordiffere­nz von plus 28. Die Grazer rangierten drei Punkte hinter den Wienern, wären also bei einem Sieg Meister geworden. Aber die Hütteldorf­er, im selben Jahr auch Europacup-Finalist, jubelten. „Die Europacup-Spiele haben Rapid reifer gemacht. Aber ich bin nicht sehr enttäuscht, wir haben ja noch die Chance auf den Cupsieg“, erklärte Präsident Hannes Kartnig. Der Cupsieg gelang vier Tage später tatsächlic­h. Es war die erste nationale

Trophäe der Klubgeschi­chte. In der Bundesliga wurde Sturm zum zweiten Mal in Folge Vizemeiste­r. Streng genommen hatte die Osim-Elf auch in der Saison davor am letzten Spieltag noch die theoretisc­he Chance auf den Meistertit­el, bei einem Sieg Rückstand beziehungs­weise einer um zehn Treffer schlechter­en Tordiffere­nz auf den angehenden Champion Austria Salzburg jedoch rein rechnerisc­her Natur.

Sturm: Gill; Tschernysc­how; Milanic, Posch (59. Prilasnig), Schopp, Swierczews­ki, Hörmann, Wetl, Gruber (59. Reinmayr); Vastic, Haas (62. Neukirchne­r). Tore: Pivarnik (7.), Stumpf (87.)

20. Juni 1981: Sturm - Rapid 1:4

Mit Schützenhi­lfe hätte Sturm schon in der vorletzten Runde Meister werden können, spielte beim LASK jedoch 2:2. Abergläubi­sche Fans müssen jetzt ganz stark sein, denn damit ist nicht die laufende Saison gemeint. 1980/81 gingen die „Blackies“trotz des Punkteverl­usts in Linz als Tabellenfü­hrer ins Meistersch­afts-Finish, hätten „nur“das Heimspiel gegen Rapid gewinnen müssen, hielten diesem Druck jedoch nicht Stand. Mit 1:4 ging Sturm im mit 22.000 Zuschauern gefüllten Bundesstad­ion Liebenau unter. Zum Meister krönte sich Austria Wien dank eines 6:1 gegen den GAK. „Wir spielten im letzten Match gegen Rapid nicht so schlecht, aber das Team war nicht reif genug. Psychologi­sch“, erinnerte sich der damalige Trainer Otto Baric im „SturmEcho“. Der Song „SK Sturm wird neuer Meister“der Schlagerba­nd White Stars schallte etwas voreilig aus dem Radio, schaffte es jedoch als beliebter YouTube-Klassiker in die Gegenwart. Der eigens produziert­e Meistersek­t wurde umetiketti­ert als „Vizemeiste­rsekt“zum Sammlerstü­ck.

Sturm: Saria; Grössinger, Schilcher, Pichler, Schauß; Breber, Steiner, Stendal (62. Hörmann), Kulmer (46. Pfleger); Jurtin, Bakota. Tore: Bakota (49.) bzw. Keglevtis (38., 67.), Krauss (48., 88.)

 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ?? 20. Juni 1981: Gegen Rapid wurden Sturms Titelträum­e begraben
20. Juni 1981: Gegen Rapid wurden Sturms Titelträum­e begraben
 ?? GEPA (4) ??
GEPA (4)
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria