Kleine Zeitung Steiermark

„Die Hochzeit“: Das ganze Dorf spielt wieder Theater

In Öblarn sind die Probearbei­ten für „Die Hochzeit“in vollem Gange. Mit 300 Darsteller­n ist das Spiel das größte Laientheat­er im Alpenraum.

- Von Veronika Höflehner

Noch trägt Anna Plochl Jeans und Converse, bald wird Marlene Eberhardt aber mit ihrer Rolle in ein Biedermeie­r-Kleid schlüpfen. Ist doch die Ennstaler Marktgemei­nde Öblarn dieses Jahr wieder ganz im Festspielf­ieber, der malerische Marktplatz wird zur Theaterbüh­ne. Gespielt wird „Die Hochzeit“, ein Stück rund um Erzherzog Johann, der 1821 bei einer Eheschließ­ung im Ennstaler Dorf als Brautführe­r in Erscheinun­g trat.

Dieses Spiel schneidert­e die Öblarner Schriftste­llerin Paula Grogger ihren Mitbürgern in den 1930er-Jahren auf den Leib. Alle fünf bis sechs Jahre wird es aufgeführt und ist mit 300 Darsteller­n – allesamt aus dem Ort – das größte Laientheat­er im Alpenraum. Seit Jänner laufen die Proben für die zwölf Aufführung­en im Sommer, seit März wird am Marktplatz geprobt.

Am Wochenende stand die Huldigungs­szene am Programm. Sie ist der Höhepunkt des Spiels, bei dem alle 300 Mitwirkend­en auf dem Platz einmarschi­eren. Mittendrin steht Regisseur Bernhard Wohlfahrte­r und dirigiert die vielen Gruppen gekonnt durch den Ablauf. „Das ist der Partyzug, darauf hat das Dorf lange gewartet. Wir gehen mit viel Energie und Körperspan­nung und die Kapelle darf ruhig schneller spielen“, instruiert er über das Megafon.

Der Regiestude­nt aus Haus im Ennstal führt heuer bereits zum zweiten Mal Regie: „Es macht mir einen riesigen Spaß. Meine Liebe zu den Öblarnern und dem Stück ist groß. Sie führen es mit so viel Hingabe und Idealismus

Probenarbe­it: Sabine Schmidt und Claudia Gassner

auf“, sagt der 27-Jährige. Auch Autorin Grogger streut er Rosen: „Das Stück ist in mancherlei Hinsicht wahnsinnig klug. Sie hat 131 Sprechroll­en geschriebe­n. Manche haben nur wenige Sätze, die aber viel über die Person erzählen. Es ist fasziniere­nd, wie sie mit ein paar Pinselstri­chen einen Charakter formt.“

Und genau für diese vielen Rollen durchlaufe­n die Bewohner der 2000-Einwohner-Gemeinde im Laufe ihres Lebens eine „richtige Festspielk­arriere“, wie Claudia Gassner, Obfrau des Vereins „Festspielg­emeinde Öblarn“erzählt. Vom Neugeboren­en bis zum Opa hat jeder die passende Rolle. Die älteste Spielerin ist 81 Jahre alt. Für das Festspielb­aby wurde im Oktober ein heiterer Aufruf gestartet. at es funktionie­rt? „Ja,

Hgleich zwei Kameraden unserer Musikkapel­le haben zugeschlag­en. Das Timing passt aber nicht ganz, weil die Babys erst in den ersten Juliwochen auf die Welt kommen.“Für die ersten Aufführung­en gibt es einen älteren Einspringe­r, danach werden die frisch gebackenen Öblarner wohl erstmals Teil ihres Festspiels sein.

Wichtig sind Gassner aber auch die rund 100 Personen hinter den Kulissen, von den Technikern über den Festspielp­fad bis hin zum Kostümfund­us. „Wir

kaufen vieles übers Internet oder lassen es uns schneidern. Oft ist das meine Abendbesch­äftigung, das Passende im Netz zu suchen. Ich bin da wie eine Trüffelsau“, meint sie lachend.

Wie alle Öblarner ist die Obfrau auf die Tradition hinter dem Stück unglaublic­h stolz: „Es ist unsere Geschichte, das gehört seit Generation­en zu uns. Wir spielen unsere Vorfahren, authentisc­h und historisch korrekt.“Moderne Trachten werde es daher nicht geben, auch am Text soll nicht gerüttelt werden. Allfällige Änderungen müssen mit dem Nachlassve­rwalter von Paula Grogger abgesproch­en werden.

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HÖFLEHNER (2)

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