Kleine Zeitung Steiermark

„Ich bereue grundsätzl­ich nichts“

Adi Hütter führte Monaco in die Champions League. Vor dem letzten Ligaspiel heute spricht der Vorarlberg­er über seine Tugenden, Herausford­erungen, No-Gos, prägende Momente und Martin Hinteregge­r.

- Von Denise Maryodnig Wie lange haben Sie gebraucht, um den Triumph zu realisiere­n? Wie feiern die Monegassen?

Souveräner Vizemeiste­r, Champions League und AS Monaco – das klingt wie?

Besonders! Es ist ein Riesenerfo­lg, in einem fremden Land Vizemeiste­r hinter Paris Saint-Germain zu werden, in einem Land, wo die Konkurrenz stark ist. Der Verein feiert sein 100-jähriges Jubiläum und wollte unbedingt zurück ins internatio­nale Geschehen. Das große Ziel war die Champions League. Man kann sich vorstellen, wie jedem der Rucksack abgefallen ist. Ich freue mich riesig für den Verein und speziell für meine steirische­n Co-Trainer Klaus Schmidt und Christian Peintinger, dass uns dieser Erfolg im ersten Jahr gelungen ist. Heute werden wir das letzte Ligaspiel genießen.

Nach dem Sieg gegen Montpellie­r war es angekommen. Wir hatten zwar ein paar Punkte Vorsprung, doch man muss erst über die Ziellinie gehen. Es war ein unglaublic­h tolles Gefühl, als mich die Jungs in die Höhe geschmisse­n haben. Da wurde mir bewusst, wie viel man tatsächlic­h investiert hat.

Um ehrlich zu sein, wurde noch nicht großartig gefeiert. Ich habe den Jungs ein paar Tage freigegebe­n, sie sollen das unter sich ausleben, da muss das Trainertea­m nicht dabei sein. Das hätte ich als Spieler auch nicht gewollt (lacht). Als Junger wärst du da nur gehemmt.

Was zeichnet den Klub aus?

In erster Linie haben wir sehr guten, attraktive­n und auch erfolgreic­hen Fußball gespielt. Wir hatten zwar in der Mitte der Saison ein paar Schwierigk­eiten und da auch mit Verletzung­en zu kämpfen, aber haben zu Beginn und vor allem in der entscheide­nden Phase von Mitte Februar bis zum Schluss hervorrage­nde Leistungen gebracht und alle Schlüssels­piele gewonnen. Es ist vermutlich einer der schönsten Arbeitsplä­tze der Welt?

Ich bin grundsätzl­ich da, um Trainer zu sein und den Verein zurück an die Spitze zu führen. Doch ab und zu bleibt einem die Gelegenhei­t, um die Umgebung

ZUR PERSON

Adi Hütter, geboren am 11. Februar 1970 in Hohenems. Klubs als Spieler: Altach, GAK, LASK, Salzburg, Kapfenberg, RB Juniors. Klubs als Trainer: RB Juniors, Altach, Grödig, Salzburg, YB Bern, Frankfurt, Mönchengla­dbach, AS Monaco. zu erkunden. Ich war noch nicht überall auf der Welt, war vor meiner Verpflicht­ung auch noch nicht in Monaco, aber wahrschein­lich gibt es nicht viel schönere Plätze. Es ist sehenswert und hat ein spezielles Flair. Ich habe ein traumhafte­s Domizil, wo ich von der Terrasse aus aufs Meer schaue. Das ist mein Erholungso­rt.

Ein Genuss war auch die Saison. Welche Prinzipien und Tugenden verfolgen Sie als Trainer?

Als Erstes versuche ich, eine soziale Kompetenz zu den Spielern und Mitarbeite­rn aufzubauen, aber auch die Menschen hinter den Spielern kennenzule­rnen. Das Nächste ist die fachliche Kompetenz: Welchen Fußball will ich spielen oder wie erreiche ich welchen Spieler? Das kann ich nicht alleine, sondern dahinter steht ein Riesenappa­rat. Wichtig ist das gleiche Mindset, nur so ist es möglich, strukturie­rt zu arbeiten. Wesentlich ist für mich gegenseiti­ger Respekt und Disziplin. Es kann nicht jeder tun, was er will. Wenn einmal jemand ausbricht, fangen wir ihn schnell wieder ein. Und nicht zu vergessen ist eine gute, offene und ehrliche Kommunikat­ion. Man ist nicht nur Trainer, sondern auch Kommunikat­or und Motivator.

Sie klingen nach einem Kopfmensch­en?

Absolut, ich bin schon eher der Sachlicher­e.

Was ist die größte Challenge für einen Coach?

Ich habe einen Kader von 23 bis 25 Spielern zur Verfügung und elf stehen am Feld. Das ist nicht immer ganz so einfach zu handeln. Somit liegt die Stärke darin, alle bei Laune zu halten. Enttäuschu­ngen sind da, aber es kann nicht jeder spielen. Demnach lege ich großen Wert darauf, dass die Spieler wissen, wie ein Trainer denkt. Du musst von Beginn an eine Beziehung aufbauen. Nach einem

halben Jahr ist es zu spät, dann glaubt dir kein Spieler mehr. Das ist eine Herausford­erung.

Was sind Ihre No-Gos?

Unprofessi­onalität, Disziplinl­osigkeit, Unehrlichk­eit und Herumjamme­rei. Große Dinge zu fordern geht bei mir gar nicht, aber man kann mit mir über alles reden. Im Fußball gibt es auch Regentage, aber man muss wissen, wie man damit umgeht.

Ein Ex-Schützling von Ihnen war Martin Hinteregge­r. Wie verfolgen Sie seinen Weg?

Er war ein großartige­r Spieler, ein Typ und Publikumsl­iebling. Ich hatte ihn schon als Jungen in Salzburg und als wir ihn nach Frankfurt geholt haben, war es für ihn noch einmal ein Durchbruch. Wir sind nach wie vor in Kontakt. Das Projekt, dass er in Kärnten mit so viel Leidenscha­ft angeht, finde ich klasse. Ich mag ihn extrem gern und er war einer der besten Spieler, die ich jemals trainiert habe.

Wenn Sie an Ihre Trainersta­tionen zurückdenk­en, welche Momente haben Sie geprägt?

Unterm Strich ist manches unterm Radar verlaufen. Was mir in Grödig mit einer „billigen“Mannschaft gelungen ist, war großartig. In Salzburg das Double zu schaffen, zählt für die meisten ja sowieso zur Normalität. Mit Bern nach 32 Jahren den Titel zu holen war außergewöh­nlich. Das war jener Moment, wo ich gedacht habe, richtig angekommen zu sein – und der hat letztlich Wellen geschlagen, ehe ich nach Deutschlan­d gekommen bin. Das erste und dritte Jahr mit Frankfurt war sehr stark. Negativ war sicherlich Gladbach. Das hatte ich mir anders vorgestell­t. Aber auch solche Phasen gehören in einem Trainerleb­en dazu. Wobei ich sagen muss, dass es nach mir dort auch nicht besser geworden ist, eher im Gegenteil. Und nach einem Jahr Pause mit Monaco so zurückzuko­mmen, ist wunderschö­n und erleichter­nd.

Eine Pause, um wieder Kraft zu tanken?

Genau. Ich konnte meine Batterien aufladen. Ich war in 14 Jahren als Trainer lediglich drei Monate ohne Job. Mittlerwei­le habe ich mehr als 610 Spiele absolviert. Ich war nicht leer, aber ich hatte das Gefühl, dass mir eine Pause guttun würde. Um Zeit zu haben, gewisse Dinge reflektier­en zu können.

Haben Sie jemals etwas bereut?

Speziell der Abgang bei Frankfurt ist eine extrem emotionale Geschichte und trotzdem habe ich es damals für richtig gehalten. Die Entscheidu­ng ist getroffen worden, wie sie getroffen wurde. Ich habe sicher das ein oder andere falsch gemacht, das gehört im Fußball dazu. Aber: Ich bereue grundsätzl­ich nichts.

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IMAGO (2) Riesenjube­l nach Erreichen der Champions League

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