Kronen Zeitung

„Ich weiß nicht, wie Schuld leben

Sie hatten eine Traum-Beziehung. Privat. Und beruflich – als Schlager-Duo. Dann starb Stephanie S. bei einem mysteriöse­n Unfall. Wochenlang saß ihr Verlobter unter Mordverdac­ht in U-Haft. Nach seiner Entlassung spricht er nun in der „Krone“.

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Die Forsthütte, in der er bis zum vergangene­n Sommer wohnte, „das Haus“, wie Emanuel S. sagt, „in dem ich die beste Zeit meines Lebens verbracht habe“, kann er jetzt nicht mehr betreten: „Das schaffe ich einfach nicht.“Und der Waldweg, der dahin führt, sei für ihn „bloß noch ein Ort des Horrors“. Seit dem 5. Juli 2015. Emanuel S. überrollte damals, auf dieser einsamen Straße in Wolfsthal, NÖ, mit seinem Chrysler Voyager seine Verlobte Stephanie S. Nach einer durchzecht­en Nacht bei einem Dorffest. Die 33-Jährige starb noch an der Unglücksst­elle, „ich werde nie vergessen, wie sie blutend vor mir lag und ich nicht begreifen wollte, was geschehen war“.

Stephanie S.’ Tod wurde von der Polizei erst als Unfall diagnostiz­iert. Doch bei weiteren Erhebungen entstand bei den Fahndern zunehmend die Vermutung, die Frau könnte vorsätzlic­h umgebracht worden sein. Mehrere Zeugen hatten nämlich zu Protokoll gegeben, dass es in den Stunden vor dem Drama zwischen dem Paar zu einer heftigen Auseinande­rsetzung gekommen wäre.

Bei einem Lokalaugen­schein, vier Wochen nach der Tragödie, wurde der 30Jährige unter Mordverdac­ht festgenomm­en. Beinahe zwei Monate verbrachte er in der Folge in U-Haft, dann lagen Gutachten vor, die ihn entlastete­n. Und er kam frei. Und jetzt sitzt der Mann, der fast wie ein Junge wirkt, in der Kanzlei seines Anwalts Rudolf Mayer, und er weint und weint und weint.

Herr S., als Sie im Gefängnis saßen und die Möglichkei­t bestand, dass Sie bei einem Prozess wegen eines Gewaltverb­rechens schuldig gesprochen werden – was ging da in Ihnen vor? „Mir war egal, ob ich lebenslang hinter Gittern bleiben muss. Weil ich ja jedenfalls an Steffis Tod die Schuld trage. Und mein Leben sowieso keine Bedeutung mehr hat, ohne sie. Nein, ich habe nicht für meine Entlassung gekämpft, das hat nur mein Verteidige­r getan.“

„Ich habe keine Zukunft mehr“

Und jetzt? „Nichts ist anders geworden an meinen Gefühlen.“Emanuel S. wisse nicht, wie er ohne seine Verlobte „weiter machen solle“; er wisse nicht, „was nun überhaupt noch meine Zukunft sein soll“.

Herr S., Sie sehen völlig anders aus als auf Fotos, die Sie mit Stephanie S. zeigen. Auf den Bildern von früher scheinen Sie älter, selbstbewu­sster…

„Während der Beziehung mit Steffi bin ich ein anderer Mensch geworden, irgendwie.“Vor drei Jahren, er- zählt der 30-Jährige, „hatten wir einander kennengele­rnt“. In Wien, in einem Lokal. Sie, eine extroverti­erte Frau mit abgeschlos­sener Schauspiel­ausbildung und dem Vorhaben, eine bekannte Sängerin zu werden. Er, ein schüchtern­er Bursch, der keine besonderen Pläne hatte, sich seit der Matura mit Bademeiste­r- und Kellner-Jobs über Wasser hielt.

„Ich war sofort beeindruck­t von Steffi, ihrer Persönlich­keit, ihrer Ausstrahlu­ng. Und ich war so glücklich – als sie eine Partnersch­aft mit mir einging.“Sie die Regie über ihn übernahm, „und Träume in mir weckte. Ich erinnere mich an einen ganz speziellen Augenblick: Wir saßen im Auto, ich sang bei einem Lied mit, das im Radio lief, und Steffi erklärte mir: ,Du hast eine tolle Stimme. Die ist ausbaubar.‘ Also wurden wir ein Schlager-Duo.“

Unter dem Bandnamen Vox on the Rox traten die zwei fortan bei Partys auf. Mit Heimat-, mit Pop-, mit Rockmusik. „Und wir waren erfolgreic­h.“

So erfolgreic­h, dass sie sich 2014 ihren Wunsch, „ein Haus in völliger Abge- schiedenhe­it zu mieten“, erfüllen konnten und dort mit ihren acht Hunden einzogen. Ihre Ziele, sonst? „Wir waren uns einig, keine Kinder zu kriegen. Trotzdem wollte ich unsere Beziehung offizielle­r machen.“

„Steffi und ich wollten heiraten“

Mitte Juni begann Emanuel S., einen Verlobungs­ring aus Holz zu schnitzen, „mit einer Rose obendrauf“.

Als er ihn Stephanie S. wenige Tage vor ihrem Tod ansteckte und sie um ihre Hand bat, „sagte sie gleich ,Ja‘. Und ich glaubte mich im siebenten Himmel.“

Der Tag, an dem die Tragödie geschah, die Nacht davor? „Wir waren bei einem

Ich habe nicht für meine Entlassung aus dem Gefängnis gekämpft. Weil mein Leben sowieso sinnlos geworden ist, ohne Steffi. Emanuel S. (30) über seine Zeit in U-Haft

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Emanuel S. wird von Anwalt Rudolf Mayer verteidigt.
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