Ausradiert & futsch!
Volkstheater: „Zu ebener Erde und . . .“
Schimpfendes wie flüchtendes Publikum in der Pause, Buhrufe für die nun schon wirklich unverständlicherweise viel beschäftigte Regisseurin Susanne Lietzow und ihre Musiker unter der Leitung von Gilbert Handler (der prompt und auch nicht neu dem Auditorium den Hintern zeigte): Dieser Nestroy ist erbärmlich!
Ob nicht bald auch das Publikum Frau Badora, der neuen Direktorin, den Hintern zeigen wird! Fern bleibt! Nestroys Lokalposse mit Gesang „Zu ebener Erde und erster Stock“ist ganz und gar nicht zu einer zeitkritisch-witzigen Farce samt Kitsch geworden (wie es Regisseurin Lietzow telegen so blumig ankündigte) – es bleibt nach Begutachtung ziemlich das Dümmlichste, Einseitigste und Banalste, was im Volkstheater je auf die Bühne gehievt wurde. Warum nennt man dann diese Sch . . ., um im Jargon des Abends zu bleiben, nicht gleich „nach Nestroy“.
Lietzow spendiert den Naiven, den Nichtkennern und den leicht zu Unterhaltenden eine Version, die sich offen anbiedert, nicht mehr als ein Gerüst des Stücks bietet, um sich dann in den eigenen, durchwegs bekannten und schon recht abgespielten Gags zu verlieren. Urinierende Männer auf der Bühne: Wiener Theater haben das schon Jahre hinter sich! Nestroys Pointen? Futsch! Adolf Müllers Musik? Gelöscht! Das Wienerische mit Biss? Ausradiert!
„Du redest gschissn“tönt es einmal über die Rampe. Das „Arsch“-Zählen gibt man bald auf, die „bsoffene Partie“im Parterre des Bürgerhauses, dank Bestechungsgeldern zu Essen gelangt, kotzt nach dem Genuss von Wiener Schnitzel, Schweinsbraten und wohl zu viel saurem Wein ins ärmliche Gemach – nur wurde auf die Unsichtbarkeit des Wasserschlauches vergessen. Soweit, so dilettantisch.
Mit verlängerten, aufgeklebten Nasen (was die Nicht-Charaktere keineswegs skurriler macht) ergibt sich das Ensemble ganz Lietzwos Intentionen. Oben versucht es sich in Gespreiztheit der Neureichen, unten in Ordinärem, das jedes Gemeindebau-Niveau unterbietet (dort sind wenigsten noch Typen zu finden!). Sprachlich brauchen sich alle nicht sonderlich anzustrengen, anfangs bleiben sie sowieso unverständlich. Und wenn sie singen, weiß man weder was noch wozu.
Und schon wieder neue Musik! O weh! Der Charme der Nestroy-Couplets ist eh schon längst verloschen, aber was ein Kolumnisten eines rosa Blattes an Themen in ein Couplet hineingepfercht hat, riecht stark nach Drang und Positionierung. Trotzdem schlecht!