Scheinmoral
Was mit Konrad Lorenz gemacht wird, ist typisch für den Umgang mit unserer Geschichte und ein Beispiel für jene Scheinmoral, die man political correctness nennt: Dem verdienten Wissenschafter flugs alle Ehren abzusprechen ist einfach und auf jeden Fall korrekt.
Wie die Zeit war, in der er gelebt und gehandelt hat, wo die Wissenschaft stand, welche politischen und gesell- schaftlichen Rahmenbedingungen herrschten, warum Lorenz so und nicht anders handelte, interessiert seine späten Ankläger nicht. Denn es geht ihnen nicht um die gerechte und vollständige Beurteilung des Lebens einer Person. Es geht ihnen darum, sich selbst von vornherein jedes möglichen Verdachtes zu entheben und sich von ihrer sicheren Position aus als moralisch Sattelfeste zu positionieren, denen derartige Fehltritte niemals passiert wären.
Dabei wäre im Hier und Jetzt genügend Möglichkeit, die eigene Moral in der Tat unter Beweis zu stellen. Die Flüchtlingskrise ist eine historische Situation. Wir haben die Gelegenheit zu zeigen, wie wir sind und uns zu bemühen, so zu handeln, dass nicht auch unsere Kinder dereinst fragen müssen: Warum habt ihr das zugelassen? Christine Schadenhofer,
Leonding