Kronen Zeitung

„Nur vier Minuten pro Patient“

Erfahrene Kinderärzt­in schlägt in „Krone“Alarm Kritik an Krankenkas­sen:

- Interview: Brigitte Quint

Kinder sind das wertvollst­e Gut unserer Gesellscha­ft – bis es ums Geld geht. Denn ihre Gesundheit liegt den politische­n Entscheide­rn offenbar weniger am Herzen, das ist für die Wiener Kinderärzt­in Liselotte Messner-Seitz traurige Gewiss- heit. So bezahlt die Kassa laut ihrer Meinung keine fünf Minuten Behandlung­szeit für ein krankes Kind. Beratungsg­espräche darf sie nur unentgeltl­ich führen. Einige wichtige Impfungen gibt es nur für jene, deren Eltern Hunderte Euro draufzah- len können. Und aufgrund von fehlenden Therapiepl­ätzen müssen, laut Ärztin Messner, viele ihrer kleinen Patienten mit Langzeitsc­häden leben. Der „Krone“schilderte die Medizineri­n die Situation für Kinderärzt­e in Österreich.

Wenn es nach Goethe geht, dann ist für Kinder das Beste gerade gut genug. Hält man sich in Österreich an die Weisheit des Denkers?

Sicher nicht. Bei uns wird bei unseren Kleinsten jeder Cent zweimal umgedreht.

Nennen Sie ein Beispiel aus dem Praxis-Alltag.

Ich muss Impfungen machen, die den Kindern wehtun. Es gäbe bessere Präparate, doch der Staat kriegt für den schmerzhaf­ten Stoff Mengenraba­tt . . .

Und wenn das Kind anderweiti­g zum Arzt muss?

Sollte man als Mutter oder Vater auf die Menschen- bzw. Kinderlieb­e des jeweiligen Experten hoffen. Die Kassa zahlt uns knapp vier Minuten Untersuchu­ngszeit pro Patient. Ein Rund-um-Check ist unmöglich. Ein Kinderarzt arbeitet größtentei­ls unentgeltl­ich.

Sie sagten, auch Therapiepl­ätze bei Kindern, die stottern, oder bei jenen mit Wirbelsäul­en-Problemen sind rar.

Vier von fünf werden nicht rechtzeiti­g therapiert! Was können Eltern tun? Sich besser informiere­n. Heißt? Der Kinderarzt ist kein Wunderheil­er. Eltern sind gefragt, sich mit dem Thema Kind und wie es gesund bleibt auseinande­rzusetzen. Kurse, Bücher, Austausch mit anderen helfen.

In letzter Konsequenz ist auf unser Gesundheit­ssystem für Kinder kein Verlass?

Nein.

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