Johannas Vermächtnis
Der Verein BONsurprise kümmert sich um Familien krebskranker Kinder und stellt ihnen Wohnmöglichkeiten zur Verfügung. Mitgegründet wurde er von Andrea Salzmann, Johannas Mutter.
Johanna war ein kerngesundes Mädchen, als sie am 5. Dezember 2000 zur Welt kam. Sie war ein aufgewecktes Kind, aber auch vorsichtig, lachte viel, ging gerne zur Schule, in ihrer Freizeit spielte sie Klavier und Querflöte. Die größte Leidenschaft war ihr sportliches Hobby als Mitglied der Cheerleader-Gruppe „Spirit of Fire“, heute ist das eine eigene Sportart, die aus Elementen des Turnens, der Akrobatik, des Tanzes sowie aus Anfeuerungsrufen besteht.
Einen Monat vor ihrem 11. Geburtstag brach sie zusammen. Wie vom Blitz getroffen. Arztbesuche, Untersuchungen. Die Diagnose war ein Schock: Gehirntumor am Hirnstamm, die Aussichten: noch 9 Monate zu leben! Die Familie machte alles, um ihr das Leben so schön und schmerzfrei wie nur möglich zu machen. „Wir haben auch viel gelacht in dieser Zeit, wenn sie z. B. Krämpfe bekam und versuchte, Körperspannung aufzubauen, torkelte sie wie ein Pinguin!“Nach Bestrahlungen, Chemotherapie, Spezial-Behandlungen und Operationen erholte sie sich noch für kurze Zeit, besuchte auch noch die Schule.
„Wir haben das Wort sterben nie ausgesprochen, aber es war auch ihr klar, dass sie eine Reise antritt, dass sie geht!“In den letzten Wochen bekam sie Morphium gegen Schmerzen, auch um nicht zu ersticken, am 22. 7. 2012 ist sie schließlich eingeschlafen, sie hat „gewartet, bis ich kurz das Spitalszimmer verlasse“, erzählt Andrea Salzmann gefasst.
Das eigene Kind stirbt. Das widerspricht dem normalen Lebenszyklus. Es überfordert unsere Vorstellung. Für viele Eltern bricht die Welt zusammen. Aber statt nach dem Tod ihrer Tochter Johanna in ein tiefes Loch zu sinken, wurde Andrea Salzmann, die als Immobilienmaklerin arbeitet, aktiv und gründete mit Freunden den Verein BONsurprise (dt. „schöne Überraschung“). Ein Verein, der Familien in dieser Situation beistehen will. Mit Beratung, Gesprächen und Unterstützung im Alltag. BONsurprise stellt für eine gewisse Zeit und kostenfrei Wohnungen zur Verfügung, damit so viele Familienmitglieder wie möglich in der Nähe des Krankenhauses zusammen mit den kleinen Patienten diese schwere Zeit durchstehen können. „Es ist so wichtig, in diesen Zeiten des Kummers einen Ort zu haben, an dem man sich wohlfühlen kann und an dem ein wenig Normalität einkehren darf.“Priorität haben das Zuhören und Beistandleisten über das Krankenhaus hinaus.
Einfach zuhören und da sein in der Not
„Ich nehme diese Familien an der Hand, helfe bei Behördenwegen, organisiere eine Geburtstagsparty für das Kind, Ausflüge, z. B. in den Zoo.“Ganz alltägliche Dinge werden für die Kleinen zum Highlight. Der 9-jährige Levi, der einen Gehirntumor hat, verbrachte einen Tag in der U-Bahn, konnte „Cockpit“und Passagierraum besichtigen und das UBahn-Fahren erleben.
J Johannas Tod g gab mir die Kraft, etwas für andere zu tun.
Andrea Salzmann, Johannas Mutter
Der Pinguin, den Johanna zuletzt so gerne ungewollt imitierte, wurde zum Maskottchen. Aber er bedeutet noch mehr. „Wenn es stürmt und besonders kalt ist, stehen Pinguine dicht beisammen und wärmen einander. Sie sind nicht nur lustig anzuschauen, sondern haben auch viel Spaß zusammen.“
In Zusammenarbeit mit der Ebene 9 des AKH (der Station, wo Johanna betreut wurde) bekommen ge- nau jene Familien Unterstützung, die aktuell Hilfe benötigen.
Es geht ums Leben und nicht um den Tod
Kinder und Jugendliche mit einem Tumor im Gehirn oder Rückenmark werden hier, auf der Neuroonkologie an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde im AKH Wien, bestmöglich medizinisch betreut. Univ. Prof.in Dr.in Irene Slavc leitet die Abtei- lung. „Psychosoziale Faktoren haben einen sehr großen Stellenwert. Daher liegt es uns am Herzen, eine bestmögliche Lebensqualität während der langen Therapie zu gewährleisten!“
Mit der Schauspielerin Katharina Stemberger wurde prominente Unterstützung für das Projekt gefunden, Johanna war Schulkollegin ihrer Tochter Anna. Sie erinnert sich an die Zeit vor Johannas Tod: „Ich hatte – wie so viele – einen respektvollen Abstand in den letzten Wochen gehalten. Ich traf Andrea in einer kleinen Boutique, während mein vergnügtes Mädchen sich durch die neueste Kollektion in der Umkleidekabine arbeitete, stand ich vor dieser Mutter und fragte sie, wie es ihrer Tochter gehe. Sie erzählte mir in aller Offenheit, wie sie, Freunde und Familie versuchen, Johannas Tage so schön wie möglich zu machen. Diese Frau sprach nicht vom Tod, sondern vom Leben.“
Johanna war ein sehr soziales Kind, das Wohl der anderen war ihr immer sehr wichtig. „BONsurprise ist ihr Vermächtnis, sie wacht auch heute über uns!“, ist ihre Mutter überzeugt.