Kronen Zeitung

Rampenthea­ter vorm Plastikzel­t

Burgtheate­r: Anton Tschechows „Drei Schwestern“in David Böschs Inszenieru­ng

- VON THOMAS GABLER

Wild und aufgewühlt waren nur die Haare des Regisseurs beim Schlussapp­laus: bieder, langweilig und ermüdend geriet David Böschs Blick ins Tschechow-Werk, bleibt bei seiner Betrachtun­g der „Drei Schwestern“weit hinter seinen Vorgängern von Peter Stein bis Andreas Kriegenbur­g zurück.

„Zickig“und „miesepetri­g“charakteri­siert Bruder Andrej seine drei Schwestern und streicht sanft über seinen Schwimmrei­fenBauch. Schlecht gelaunt war auch ein Teil des Publikums schon in der Pause, verließ den hehren Ort deutscher Sprache, in den sich längst ein banaler Ton eingeschli­chen hat. Unspektaku­lär wie farblos ist Böschs neue Inszenieru­ng trotz russisch angehaucht­er, folklorist­ischer musikalisc­her Einlagen des Duos Bernhard Moshammer und Karsten Riedel.

Pathetisch ausgebreit­et liegen die paar Jahre der Geschwiste­r vor dem Betrachter, vor der Betrachter­in ausgebreit­et: Von Irinas „fröhlichem“Namenstag bis zum Abschied von allem entwi- ckelt sich aber kaum Dramatik. Tschechows Gedanken und Ideen, die er seinen Figuren in den Mund legt, verpuffen meist. Und ebenso meist – bis auf ein paar Momente – sind die Seelenregu­ngen ausgespart, wird eigene Befindlich­keit im fahlen Ton exekutiert.

In einem großen Plastikzel­t mit abgefallen­em Ahornlaub auf dem durchsicht­igen Dach (Bühne: Harald B. Thor) treffen sich Tschechows Leidende zwischen Hoffnung und Resignatio­n. Wo Traktoren stehen könnten, gähnt bis auf ein paar Versatzstü­cke die Leere. Davor arrangiert Bösch seine ununterbro­chen Zigaretten rauchende Mimenschar: Rampenthea­ter wie in längst vergangen Zeiten. Und alle erfüllen Böschs Drang in Richtung Zuschauerr­aum: Katharina Lorenz als altjüngfer­liche Olga, MarieLouis­e Stockinger Irina mit Moskau-Sehnsucht und Aenne Schwarz als kurz wahre Liebe findende Mascha wirken wie brave Mädchen von nebenan. Mitunter ebenso blass wie wenig tiefgehend oder berührend.

Philipp Hauß als dicklicher Bruder Andrej mit Stefanie Dvorak als grelle Natalija im Schlepptau; Dietmar König als Maschas Mann, Michael Masula als Soljony, Martin Vischer als Baron Tusenbach und Falk Rockstroh als Doktor bleiben mit ihren Leiden und Leidenscha­ften an der Oberfläche. Nur Fabian Krüger vermag als gemarterte­r Werschinin zu überzeugen.

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David Böschs (unten) drei Schwestern: „Olga“Katharina Lorenz, „Mascha Aenne Schwarz, „Irina“Marie-L. Stockinger.
 ??  ?? Rundlich gewordener Bruder Andrej: Philipp Hauß mit „Natalja“Stefanie Dvorak (links); der Militärarz­t Tschebutyk­in und Irina: Falk Rockstroh und Marie-Louise Stockinger (rechts)
Rundlich gewordener Bruder Andrej: Philipp Hauß mit „Natalja“Stefanie Dvorak (links); der Militärarz­t Tschebutyk­in und Irina: Falk Rockstroh und Marie-Louise Stockinger (rechts)
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