Rouhani-Absage: Machtkampf im Iran als Grund?
Es mag schon sein, dass der Iran „aus Sicherheitsgründen“den Staatsbesuch abgesagt hatte, weil die „Gefahr“bestand, dass Präsident Rouhani ein paar Demonstranten zu Gesicht hätte bekommen können. Ebenso fällt aber auf, dass im Iran gerade eine massive Anti-Reformer-Offensive der Hardliner unter dem gottöbersten Staats-, Religionsund Revolutionsführer Ali Khamenei im Rollen ist. Die Torschlusspanik der Hardliner nach dem eindrucksvollen Sieg der Reformer bei den Parlamentswahlen könnte sogar den Atomvertrag gefährden.
Worum geht es? Die Truppen der Revolutionsgarden, die direkt Khamenei unterstehen, haben mit provokativen Tests von großen Raketen begonnen mit der Aufschrift „zur Zerstörung des zionistisches Gebildes“(gemeint ist Israel). Das ist keine „Selbstverteidigung“.
Der Westen will sich das nicht gefallen lassen und verlangt eine Stellungnahme des UNO-Sicherheitsrates wegen des Verstoßes zumindest gegen den Geist des Atomver- trags: keine Raketen, die einen Atomsprengsatz tragen könnten.
Daraufhin legte Khamenei nach mit einer Website-Attacke just an dem Tag, an dem Rouhani in Wien landen sollte: „Diejenigen, die sagen, die Zukunft liegt in Verhandlungen, nicht in Raketen, sind entweder Ignoraten oder Verräter.“Khamenei bezog sich direkt auf Rouhanis Vor-VorGänger und Reformkollegen Rafsanjani. Dieser hatte getwittert, die Zukunft des Iran liege im Dialog, nicht in Raketen.
Der gottöberste Führer Ali Khamenei hatte zwar das Atomabkommen unterstützt, läuft aber Sturm gegen die Öffnungspolitik. Dieser neu aufgeflammte Machtkampf wirft ein bezeichnendes Licht auf die Schwierigkeiten des Reformkurses im Iran.
Gut möglich, dass Khamenei die Besuchsdiplomatie Rouhanis mit einem Machtwort gestoppt hat. Gut möglich auch, dass Rouhani in diesen kritischen Tagen nicht durch allzu enge Auslandskontakte in die Falle seiner Gegner tappen wollte. (In Paris war ein Foto mit blonder Frau ohne Kopftuch zur heimischen Affäre geworden).
Bleibt die Frage, wie lange sich das iranische Volk die Anmaßung der Reformbremser noch gefallen lassen wird. Einmal hatte es schon gekracht. Der behutsame Reformkurs Rouhanis will das Land unter Wahrung der Stabilität in eine bessere Zukunft führen.