Mit den Wölfen heulen?
Sehr geehrter Herr Minister Rupprechter, lieber Auwald-Mitkämpfer!
Als wir damals 1984 in Hainburg gemeinsam gegen das geplante Wasserkraftwerk und für den Nationalpark Donauauen demonstriert hatten, hast Du mir imponiert. Ein Sohn der Alpen aus Tirol kämpft im fernen pannonischen Osten um die Rettung des ihm gebietsfremden Biotops Auwald! Weil es Dir rechtzeitig klar geworden ist: Schönheit und Natur kennen keine Ländergrenzen, Naturerlebnis und Naturschutz sind unteilbar. Deshalb war meine Freude noch größer, als Du Jahrzehnte später zum Umweltminister berufen worden bist. Endlich einer in diesem Amt, der weiß, worum es geht, anstatt nur mit Sprüchen der Selbstvermarktung aufzufallen. Wir können natürlich in einzelnen Fragen durchaus verschiedener Meinung sein. Das ist zutiefst de- mokratisch und selbst unter Gesinnungsgenossen keine Schande. Ich meine damit aktuell den Heimkehrer Wolf.
Ich bitte Dich herzlich, Dich nicht vom gängigen Rotkäppchen-Syndrom leiten zu lassen und aus Populismus mit den (menschlichen) Wölfen zu heulen. Das heißt eben, nicht gleich höchst persönlich schießen zu wollen, wenn dieses prächtige Mitgeschöpf aus „sicheren Herkunftsländern“, in denen es überleben konnte, legal unsere Staatsgrenze passiert. Der Wolf ist bei uns Ureinwohner, es gab ihn hier schon lange vor uns! Ich will jetzt keine Wildbiologie-Vorlesung halten zur Rechtfertigung der Existenz von Meister Isegrim in heimischen Ökosystemen und über unsere ethische Verpflichtung, ihn hierzulande bereits nach 100 Jahren nicht ein zweites Mal der Ausrottung preiszugeben. Es macht kein gutes Bild, von wesentlich ärmeren Ländern in Afrika zu fordern, ihre Löwen und Leoparden zu erhalten, bei uns es aber gleich knallen zu lassen, wenn ein Wolf versucht heimzukehren. Allfällige Schadensvergütungen wird wohl unsere wesentlich reichere Republik noch verkraften können!
Lieber Herr Minister, lass Dich nicht von wahltaktischer Politik leiten wie der Tiroler Landeshauptmann, als dieser sich hinreißen ließ, ein Murmeltier eigenhändig totzu schießen, nur weil in den Alpen das völlig unsinnige Abmurksen von Murmelis als waidmännische Lusthandlung leider immer noch zur Folklore gehört. Es gibt keinen Beleg dafür, dass diese possierlichen Nager als reine Vegetarier jemals Schafe gerissen hätten! Schenke doch bitte mehr Glauben den Fachleuten vom WWF und anderen Naturschutzprofis, die sich aus guten Gründen für das Leben und gegen das Töten des Wolfes, obwohl ein Raubtier, einsetzen. Sonst wäre die Bezeichnung „Lebensministerium“Deines Hauses ganz und gar unglaubwürdig, und das wollen wir doch alle nicht!