Sensible Deutungen
Wr. Festwochen: Krystian Zimerman
Kirill Kourlaev, als Erster Solotänzer des Wiener Staatsballetts eines der Aushängeschilder der Compagnie, hat nach 16 Spielzeiten an der Wiener Staatsoper mit der ihm gewidmeten Vorstellung von Kenneth MacMillans „Mayerling“vergangenen Donnerstag (19.) in der Rolle des Kronprinzen Rudolf (Bild) seine aktive Karriere als Tänzer beendet. Über diese Vorstellung hinaus wird er aber noch seine weiteren geplanten Auftritte bis Saisonende wahrnehmen.
Im Rahmen der Wiener Festwochen gastierte Krystian Zimerman im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins mit Schuberts A-Dur- und B-Dur-Sonate sowie Szymanowskis „Mazurkas“op. 50: Er hat dabei niemals auf vordergründige Effekte abgezielt, sondern immer auf einen weichen, streichernahen Klavierklang.
Ludwig van Beethovens Klaviersonaten gelten seit jeher als unerreichbarer Hö- hepunkt der Gattung. Franz Schuberts Entscheidung, nur ein Jahr nach dem Tod Beethovens drei große Sonaten zu komponieren, hat nicht nur seinen Verleger irritiert, sondern bis heute nehmen diese Werke einen merkwürdigen Platz in der Rezeption ein. Im Konzertleben haben sie bestenfalls eine Randfunktion. Schubert wollte stets dem übermächtigen Schatten Beethovens entkommen, um mit Beethoven in einem Atemzug genannt zu werden. Auch als Komponist von 21 Klaviersonaten hat Schubert diesen Weg der Befreiung unbeirrt verfolgt.
Krystian Zimerman sieht in Schubert in erster Linie den Lyriker, den Verletzlichen. Schuberts selbstbewusstes kompositorisches Programm, die Großform Beethovens aufzunehmen und im romantischen Sinne weiterzuentwickeln, zeichnet Zimerman geradlinig nach. Er meidet Extreme, die Kontraste der beiden Sonaten (A- und B-Dur) werden deutlich und überzeugend eingefangen.
Eine sehr klangsensible, farbenreiche Deutung auch bei Karol Szymanowski: Aus den „Mazurkas“op. 50 wurden die Nummern 13. bis 16. interpretiert. Dabei erweist sich Zimerman als souveräner Gestalter, der intensiv die von Szymanowski gewünschten Stimmungen entstehen lassen kann.