Schwelgen im Melos
Konzerthaus: Orozco-Estrada, Hilary Hahn
Mit den Wiener Philharmonikern unter Andrés Orozco-Estrada beschloss Ausnahmegeigerin Hilary Hahn die ihr gewidmete Personale im Konzerthaus. Im Zentrum des Abends: das heroische 4. Violinkonzert des Belgiers Henri Vieuxtemps, bei dem sie bei aller Virtuosität auch in symphonische Ausdruckstiefen vordringt.
Als Schülerin Jascha Brodskys beherrschte sie bereits mit siebzehn 28 Solokonzerte. Mitte 30 hat Hilary Hahn nicht nur den Übergang vom Wunderkind zur profilierten Künstlerin längst bravourös gemeistert, sondern setzt Maßstäbe.
Spielerische Virtuosität und Ausdruckstiefe kommen bei Hilary Hahn auf natürliche Weise zusammen: „Vieuxtemps’ 4. Violinkonzert gehört zu den Stücken, die ich am längsten kenne“, sagt Hahn. Sie hat’s mit neun gelernt, aber nur selten mit Orchester aufgeführt.
Unzählige technische Schwierigkeiten verbergen sich da hinter schönen Melodien und mitreißenden Passagen. Hahn schätzt vor allem den Facettenreichtum des Werks. Sie genießt die üppigen Melodien, die mit extremen Schwierigkeiten gespickt sind und hat spürbar Freude am Zusammenspiel mit den Philharmonikern. Derartigen Jubel und frenetische Begeisterung hat das Haus schon lange nicht erlebt. Zweifellos ein großer Abend für das Wiener Publikum.
Andrés Orozco-Estrada und die Philharmoniker umrahmten die Aufführung mit Zoltán Kodálys „Tänzen aus Galánta“und Rachmaninoffs „Symphonischen Tänzen“(op. 45): Die Architektur dieser Musik mit ihrem Wechselspiel zwischen monumentalen Klangblöcken und kleinsten thematischen Einheiten trifft Orozco allerdings nicht überzeugend.