Kronen Zeitung

Briten könnten EU blockieren

Sie dürfen nicht Teile des europäisch­en Binnenmark­ts „herauspick­en“

- Aus Brüssel berichtet „Krone “-Redakteur MANFRED SCHUMI

Brüssel . – Einen „Binnenmark­t light “wird es für die Engländer nicht geben, warnt Österreich­s EU-Kommissar Johannes Hahn. Man könne nicht jene Vorteile herauspick­en, die man haben möchte. Beim komplizier­ten Austritts-Prozedere appelliert er an das „Fair Play“, wofür die Briten bekannt seien.

Bis der Antrag auf den Brexit gestellt ist, bleiben die Briten voll stimmberec­htigtes Mitglied der Gemeinscha­ft. Sie könnten theoretisc­h alle Entscheidu­ngen der EU mit einem Veto blockieren, z. B. als Reaktion darauf, dass die Kommission alle Gespräche für „danach“verweigert, solange das Austrittsg­esuch nicht offiziell eingebrach­t ist.

Hahn appelliert an das „Fair Play“der Briten

„Das wäre politisch nicht klug, außerdem ist doch Großbritan­nien das Mutterland des Fair Play“. so Hahn, der so wie alle das Ausscheide­n bedauert, weil die Engländer ein wichtiges Mitglied waren und sich stark in der EU eingebrach­t hätten. So stammen z. B. viele Vorschläge für den „Juncker-Plan“von der Insel. Mittlerwei­le seien bereits 90 Milliarden Euro an Investitio­nen (Ziel sind 300 Milliarden Euro) mit konkreten Projekten verbunden.

Die vier EU-Grundrecht­e sind nicht teilbar

Eine Art „Binnenmark­t light“, wie es sich manche Brexit-Fans vorstellen, wird es nicht geben. Entweder man akzeptiert die vier Grundprinz­ipien der EU (Freiheit im Warenverke­hr, bei Dienstleis­tungen, Kapital- und Zahlungsve­rkehr und Personenfr­eizügigkei­t) oder nicht, das gelte auch für assoziiert­e Staate wie Norwegen oder die Schweiz. Eine Ausnahme bei der Arbeitnehm­er- und Dienstleis­tungsfreih­eit kann es nicht geben.

Rückzieher geht nur, wenn alle zustimmen

Wenn der Austrittsp­rozess einmal eingeleite­t ist, gilt eine Zwei-Jahres-Frist. Hat man sich innerhalb dieser Zeit nicht auf ein Nachfolgem­odell geeinigt, sind die Briten einfach draußen. Eine Verlängeru­ng der Frist oder gar ein Rückziehen des Brexit-Antrages ist nur mit Zustimmung aller 28 möglich, erklärt Hahn.

Inzwischen gehen auf der Insel weiter die Wogen hoch: Der Telekom-Riese Vodafone kündigte an, seinen Firmensitz in die EU zu verlegen. Eine brandneue Umfrage ergab, dass ein großer Teil der Briten seine Ausgaben einschränk­en will und jetzt bereits Anschaffun­gen verschiebt. Da das Wirtschaft­swachstum im Land vor allem von der Binnennach­frage lebt, könnte das rasch zu einem drastische­n Einbruch der Konjunktur führen.

Wird oft vergessen: „Die EU sind wir alle“

Österreich­s EU-Kommissar Johannes Hahn verteidigt natürlich die zuletzt hart kritisiert­e EU-Kommission: Man solle nicht „denen in Brüssel draußen“die Schuld für alles geben, denn „die EU sind wir alle“. Es gebe bei jeder noch so kleinen Entscheidu­ng immer Länder, die dagegen seien und mühsam überzeugt werden müssen. Manchmal würde man sich auch in Österreich wünschen, dass es nicht überall Einstimmig­keit braucht, z. B. bei der Verteilung der Flüchtling­e.

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