Briten könnten EU blockieren
Sie dürfen nicht Teile des europäischen Binnenmarkts „herauspicken“
Brüssel . – Einen „Binnenmarkt light “wird es für die Engländer nicht geben, warnt Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn. Man könne nicht jene Vorteile herauspicken, die man haben möchte. Beim komplizierten Austritts-Prozedere appelliert er an das „Fair Play“, wofür die Briten bekannt seien.
Bis der Antrag auf den Brexit gestellt ist, bleiben die Briten voll stimmberechtigtes Mitglied der Gemeinschaft. Sie könnten theoretisch alle Entscheidungen der EU mit einem Veto blockieren, z. B. als Reaktion darauf, dass die Kommission alle Gespräche für „danach“verweigert, solange das Austrittsgesuch nicht offiziell eingebracht ist.
Hahn appelliert an das „Fair Play“der Briten
„Das wäre politisch nicht klug, außerdem ist doch Großbritannien das Mutterland des Fair Play“. so Hahn, der so wie alle das Ausscheiden bedauert, weil die Engländer ein wichtiges Mitglied waren und sich stark in der EU eingebracht hätten. So stammen z. B. viele Vorschläge für den „Juncker-Plan“von der Insel. Mittlerweile seien bereits 90 Milliarden Euro an Investitionen (Ziel sind 300 Milliarden Euro) mit konkreten Projekten verbunden.
Die vier EU-Grundrechte sind nicht teilbar
Eine Art „Binnenmarkt light“, wie es sich manche Brexit-Fans vorstellen, wird es nicht geben. Entweder man akzeptiert die vier Grundprinzipien der EU (Freiheit im Warenverkehr, bei Dienstleistungen, Kapital- und Zahlungsverkehr und Personenfreizügigkeit) oder nicht, das gelte auch für assoziierte Staate wie Norwegen oder die Schweiz. Eine Ausnahme bei der Arbeitnehmer- und Dienstleistungsfreiheit kann es nicht geben.
Rückzieher geht nur, wenn alle zustimmen
Wenn der Austrittsprozess einmal eingeleitet ist, gilt eine Zwei-Jahres-Frist. Hat man sich innerhalb dieser Zeit nicht auf ein Nachfolgemodell geeinigt, sind die Briten einfach draußen. Eine Verlängerung der Frist oder gar ein Rückziehen des Brexit-Antrages ist nur mit Zustimmung aller 28 möglich, erklärt Hahn.
Inzwischen gehen auf der Insel weiter die Wogen hoch: Der Telekom-Riese Vodafone kündigte an, seinen Firmensitz in die EU zu verlegen. Eine brandneue Umfrage ergab, dass ein großer Teil der Briten seine Ausgaben einschränken will und jetzt bereits Anschaffungen verschiebt. Da das Wirtschaftswachstum im Land vor allem von der Binnennachfrage lebt, könnte das rasch zu einem drastischen Einbruch der Konjunktur führen.
Wird oft vergessen: „Die EU sind wir alle“
Österreichs EU-Kommissar Johannes Hahn verteidigt natürlich die zuletzt hart kritisierte EU-Kommission: Man solle nicht „denen in Brüssel draußen“die Schuld für alles geben, denn „die EU sind wir alle“. Es gebe bei jeder noch so kleinen Entscheidung immer Länder, die dagegen seien und mühsam überzeugt werden müssen. Manchmal würde man sich auch in Österreich wünschen, dass es nicht überall Einstimmigkeit braucht, z. B. bei der Verteilung der Flüchtlinge.