Kronen Zeitung

„Ich spüre noch das Blut der Opfer“

Nach den Anschlägen von Istanbul ist der IS-Terror wieder omnipräsen­t – Salim Toorabally verhindert­e am 13. November, dem schwarzen Freitag von Paris, eines der geplanten Attentate im Stade de France: Die „Krone“traf den Security-Mann bei der EURO, die fü

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Vor Frankreich­s Test am 13. November gegen Deutschlan­d wollte beim Eingang L ein Terrorist ins Stade de France. Salim Toorabally – 43, ein Muslim aus Mauritius – hinderte „ISKämpfer“Bilal Hadfi daran, weil er kein Ticket hatte. Später sprengte sich dieser als dritter und letzter Selbstmord­attentäter vor der EMArena in die Luft.

Welches Bild geht Ihnen nicht mehr aus dem Kopf?

Als ich nach den ersten zwei Detonation­en zu Hilfe geeilt bin, lagen verletzte Menschen am Boden, Körperteil­e und Hautfetzen der Attentäter verstreut umher.

Wie haben Sie da reagiert, konnten Sie bei diesem Anblick einen kühlen Kopf bewahren?

Ich habe als ausgebilde­ter Rettungsma­nn nicht nachgedach­t, intuitiv gehandelt und sofort Erste Hilfe geleistet. Wie genau? Auf Verletzte beruhigend einreden, sie in Seitenlage

bringen,– ich ihre spüre Wunden noch abdecken heute das Blut der Verletzten und Opfer an meinen Händen. Empfinden Sie auch Hass auf die Terroriste­n?

Ich dachte nicht, dass so etwas in Frankreich passieren kann. Selbstmord­attentäter? In Syrien vielleicht, aber nicht hier.

Der dritte Attentäter, Bilal Hadfi, tauchte zuvor bei Ihrem Eingang auf . . .

Ja. Er wollte ohne Ticket in das Stadion, sagte, sein Freund sei schon drinnen und habe die Karten . . . Welchen Eindruck machte der gebürtige Franzose?

Einen ängstliche­n, hektischen. Er redete zudem mit zitternder Stimme. Und dann? Hatten Sie einen Verdacht?

An eine Tragödie mit Verletzten und vier Toten denkt man nicht. Er gab nicht auf, stapfte vorm Eingang umher – und verschwand später in der Menge. Ich hatte längst meine Kollegen informiert.

Wann erfuhren Sie, dass sich Hadfi ebenfalls gesprengt hat?

Fünf Tage später. Die Polizei legte mir Fotos vor, ich erkannte ihn sofort wieder.

Sie werden seither als Held gefeiert. Wie groß war anfangs das Medienecho?

Aus der ganzen Welt gab es Anfragen. Die englische Zeitung „Daily Mail“machte

das erste Interview, lud mich auf eine einwöchige Reise in meine Heimat Mauritius ein.

Warum?

Damit mich andere Medien nicht finden. Denn mein Haus war relativ schnell von Journalist­en belagert. Ehrungen, Vorträge – Sie sind ein gefragter Mann.

Ich wurde zu einer NFLKonfere­nz nach Florida eingeladen, habe dort vor 500 Leuten über Sicherheit referiert. Ich war beim Nationalte­am. Kapitän Lloris, Matuidi und Co. meinten, ich sei für sie mehr als ein Held.

Ähnlich sprach ja auch Staatspräs­ident Hollande.

Als ich im März bei der Rückkehr ins Stade de France, dem Test gegen Russland, wieder arbeitete, bat man mich in den VIPRaum. Plötzlich stand ich vor Hollande. Er meinte: „Das ist nicht für Sie eine Ehre, sondern für mich. Denn Sie haben Großes für Frankreich geleistet.“

Klingt’s nicht absurd, dass Sie weiterhin im Sicherheit­sdienst und auch am Ort des Schreckens tätig sind ?

Ich hatte anfangs schon Zweifel, bekam Jobangebot­e aus anderen Branchen, weil mein Gesicht für etwas steht. Aber... Aber?

Ich sehe es aus Solidaritä­t zu den Franzosen und zu Europa. Ich will, dass niemand Angst haben muss. Und das am liebsten für immer.

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Toorabally mit Frankreich­s Spielern (v.li.) Lloris, Evra und Matuidi – sowie mit Verbandsbo­ss Le Graët (li.) und Staatspräs­ident Hollande.
Ordner Toorabally vor dem Eingang L, wo er Bilal Hadfi (kl. B.) abwies, ehe sich dieser sprengte. Toorabally mit Frankreich­s Spielern (v.li.) Lloris, Evra und Matuidi – sowie mit Verbandsbo­ss Le Graët (li.) und Staatspräs­ident Hollande.
 ??  ?? Die „Krone“mit Toorabally (li.) – der wiederum mit italienisc­hen Fans. Infolge der Explosione­n vorm Stadion strömten Fans nachAbpfif­f aufs Feld, während draußen Verletzte geborgen wurden.
Die „Krone“mit Toorabally (li.) – der wiederum mit italienisc­hen Fans. Infolge der Explosione­n vorm Stadion strömten Fans nachAbpfif­f aufs Feld, während draußen Verletzte geborgen wurden.

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