Hungrig und gerissen
Stockerau: „Der Diener zweier Herren“
Truffaldino qua, Truffaldino là, Truffaldino su, Truffaldino giù . . . Nicht nur Figaro im „Barbier von Sevilla“ist überall – da und dort, oben und unten –, auch Truffaldino in Carlo Goldonis Commedie dell’arteStück „Der Diener zweier Herrn“kennt die Nöte dieses Dauereinsatzes. Wiesoll man nur alle zufriedenstellen?
Doch solange dabei Geld und natürlich auch etwas Essbares herausschauen, ist der Diener für alles zu haben. Auch in Stockerau, wo er im Rahmen des Theatersommers für Unruhe sorgt.
Regisseur und Intendant Zeno Stanek hat nach dem „Besuch der alten Dame“und „Don Camillo“zu einem Theaterklassiker der alten Schule gegriffen. Carlo Goldonis „Diener“aus 1747 lebt aus den venezianischen Verwicklungen und dem Spiel der Verwechslung: Das Publikum weiß stets mehr als die Figuren auf der Bühne und kann sich so an der allgemeinen Verwirrung erfreuen.
Besonders dann, wenn Truffaldino – hochaktiv: Okan Cömert – als nur mittelheller Diener alles durcheinanderbringt, was überhaupt durcheinanderzubringen ist.
Wie es sich gehört, löst Regisseur Stanek die Diener-Komödie vor allem über Bewegungskaskaden auf: Was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen haben, und das gilt für Truffaldino mehr als für andere.
Nein, das ist kein brillanter Kopf und auch keine gesellschaftspolitische Figur – die so viele Regisseure gern aus ihm machen – , es ist einfach ein Diener mit großem Hunger. Dass Stanek ihn nicht als Nur-Gerissenen darstellt, sondern überzogen gockeln lässt, gibt der Figur ein interessanteres Profil.
Wie überhaupt das Tierische in diesem turbulenten Bravourstück einiges an Gewicht hat: Katharina Stembergers Beatrice etwa stapft recht katerhaft über die Bühne . . . Und so entwickelt sich ein Theater, das die Mitte zwischen – allerdings nie gsesellschaftspolitischer – Aktualisierung und Anklängen an das italienische Komödientheater versucht.
Da wird weniger mit Hauruck-Klamauk gearbeitet, weniger mit grellen Farben, weniger mit theoretischem Überbau. Dafür mit sicher geführten Figuren!