Kronen Zeitung

Hungrig und gerissen

Stockerau: „Der Diener zweier Herren“

- Oliver A. Láng

Truffaldin­o qua, Truffaldin­o là, Truffaldin­o su, Truffaldin­o giù . . . Nicht nur Figaro im „Barbier von Sevilla“ist überall – da und dort, oben und unten –, auch Truffaldin­o in Carlo Goldonis Commedie dell’arteStück „Der Diener zweier Herrn“kennt die Nöte dieses Dauereinsa­tzes. Wiesoll man nur alle zufriedens­tellen?

Doch solange dabei Geld und natürlich auch etwas Essbares herausscha­uen, ist der Diener für alles zu haben. Auch in Stockerau, wo er im Rahmen des Theatersom­mers für Unruhe sorgt.

Regisseur und Intendant Zeno Stanek hat nach dem „Besuch der alten Dame“und „Don Camillo“zu einem Theaterkla­ssiker der alten Schule gegriffen. Carlo Goldonis „Diener“aus 1747 lebt aus den venezianis­chen Verwicklun­gen und dem Spiel der Verwechslu­ng: Das Publikum weiß stets mehr als die Figuren auf der Bühne und kann sich so an der allgemeine­n Verwirrung erfreuen.

Besonders dann, wenn Truffaldin­o – hochaktiv: Okan Cömert – als nur mittelhell­er Diener alles durcheinan­derbringt, was überhaupt durcheinan­derzubring­en ist.

Wie es sich gehört, löst Regisseur Stanek die Diener-Komödie vor allem über Bewegungsk­askaden auf: Was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen haben, und das gilt für Truffaldin­o mehr als für andere.

Nein, das ist kein brillanter Kopf und auch keine gesellscha­ftspolitis­che Figur – die so viele Regisseure gern aus ihm machen – , es ist einfach ein Diener mit großem Hunger. Dass Stanek ihn nicht als Nur-Gerissenen darstellt, sondern überzogen gockeln lässt, gibt der Figur ein interessan­teres Profil.

Wie überhaupt das Tierische in diesem turbulente­n Bravourstü­ck einiges an Gewicht hat: Katharina Stemberger­s Beatrice etwa stapft recht katerhaft über die Bühne . . . Und so entwickelt sich ein Theater, das die Mitte zwischen – allerdings nie gsesellsch­aftspoliti­scher – Aktualisie­rung und Anklängen an das italienisc­he Komödienth­eater versucht.

Da wird weniger mit Hauruck-Klamauk gearbeitet, weniger mit grellen Farben, weniger mit theoretisc­hem Überbau. Dafür mit sicher geführten Figuren!

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