Kronen Zeitung

„Dieses Rennen ist mein persönlich­es Highlight“

Toto Wolff, 44, österreich­ischer Investor und Teamchef bei Mercedes F1, fiebert dem Grand Prix auf dem Red-Bull-Ring entgegen, ließ dabei die „Krone“in sein Seelenlebe­n blicken

- von RICHARD KÖCK

Der schnellste Zirkus der Welt gastiert in Österreich. Bevor heute die Motoren für die ersten Trainings auf dem Red-Bull-Ring aufheulen, sprach Mercedes-Teamchef Toto Wolff über seine emotionale Bindung, die Fußball-EURO, Olympia, seine Piloten und böse Gremlins!

Toto, die Saison ist rund drei Monate alt, der ganze Zirkus war dabei schon auf wieder auf vier Kontinente­n. Mit welchem Gefühl kommt man da in die Heimat nach Österreich?

Mit einem sehr angenehmen. Weil man das ganze Umfeld bestens kennt. Aber am Rennwochen­ende macht es wenig Unterschie­d, ob man in Melbourne, Abu Dhabi oder Spielberg ist – außer was die Hitze betrifft.

Österreich ist auch der Auftakt zu einem Supermonat mit vier Rennen . . .

Genau. Da bleibt keine Zeit zum Relaxen. Es geht Schlag auf Schlag.

Mercedes hat immer wieder mit kleinen Problemen an den Autos zu kämpfen. Wie nervig ist denn das?

Sehr ärgerlich. Wir haben ein schnelles, aber auch sehr filigranes Auto. Aber natürlich pushen wir bis ans Limit, daher haben wir an jedem Wochenende mehr Kopfzerbre­chen, als dass wir easy durchgleit­en können.

Seit dem letzten Comeback vor zwei Jahren hieß der Sieger jeweils Nico Rosberg. Ist der Red-Bull-Ring eine Mercedes-Strecke?

Ich denke schon. Österreich liegt uns, daher habe ich auch ein gutes Gefühl für den Sonntag. Aber wie gesagt: Es sind leider ein paar Gremlins im Auto. Und Ferrari, Williams und vor allem Red Bull schlafen nicht.

Fünf Siege in acht Rennen, zuletzt der Erfolg in Baku. Ist das Momentum wieder auf Rosbergs Seite?

Von Momentum würde ich zu diesem Zeitpunkt der Meistersch­aft nicht sprechen. Beide müssen ihre bestmöglic­he Leistung abrufen und später im Jahr werden wir dann auf den Punktestan­d schauen.

Merkt man Hamilton eigentlich an, wann er sich in der Jäger- und wann in der Gejagten-Rolle befindet?

Lewis ist derzeit generell nicht ganz rund. Nach den tollen Rennen in Monaco und Montreal hatte er in Baku ein ganz schlechtes. Er hat einfach seinen Rhythmus noch nicht gefunden.

Ist der Vertrag mit Rosberg schon unterschri­ftsreif?

Beide Seiten wollen die Zusammenar­beit fortführen. Wir sind auf einem sehr

guten Weg. Aber alles muss genau durchdacht sein, daher wird’s mit dem Vollzug noch ein bisserl dauern.

Ganz Sport-Europa blickt in diesen Tagen zur FußballEUR­O nach Frankreich. Wie erlebst du dieses Ereignis?

Ich kann dem auch nicht entkommen. Zwar bin ich nicht der Oberfan, aber das Ausscheide­n der Österreich­er war schon enttäusche­nd. Ich hatte so gehofft, dass das Team die Leistungen aus der Qualifikat­ion bestätigen kann. Aber man hat gesehen, dass man für ein Turnier noch mal eine Klasse mehr Qualität benötigt.

Dein Europameis­ter-Tipp als Teamchef eines deutscheng­lischen Rennstalls?

Na ja, noch leide ich mit den englischen Kollegen. Nach dem Debakel gegen Island hab ich einigen von ihnen ein Mail mit dem Inhalt ,Wir können wenigstens Ski fahren’ geschickt. Antworten kamen nicht viele zurück. Aber eine war: ,Ski fahren kannst du gut mit Cricket vergleiche­n’. EURO-Tipp? Nach Österreich habe ich natürlich durch meine Mutter einen engen Bezug zu Polen. Und auch die Deutschen sind uns in diesem Team sehr nahe. Ich glaub, die schaffen’s auch.

Während die Formel 1 im August die Sommerferi­en genießt, laufen in Brasilien die Olympische­n Spiele. Denkst du manchmal an einen olympische­n Grand Prix?

Vorerst ist es einmal für unseren Wanderzirk­us gut, wenn man sieht, dass es neben der Formel 1 auch andere Ereignisse gibt, die die Menschen fasziniere­n. Dass der Motorsport olympisch wird, kann ich mir nicht vorstellen, weil es da ja einen rein kaufmännis­chen Hintergrun­d gibt.

Zum Abschluss: Bernie Ecclestone hat zuletzt wieder einigen Veranstalt­ern die Rute ins Fenster gestellt. Siehst du Österreich aufgrund des nachlassen­den Zuschauer-Interesses in Gefahr?

Erstens: Bernie entscheide­t nicht, ob in Österreich gefahren wird. Solange Herr Mateschitz seinen Gegenwert hat, wird er dort auch fahren. Aber klar ist, dass das Einzugsgeb­iet nicht das größte ist, dass die Formel 1 auf dem RedBull-Ring durch die MotoGP Konkurrenz erhalten hat. Aber Bernie will mit solchen Aussagen prinzipiel­l Druck auf die Veranstalt­er ausüben.

Du persönlich kommst nach wie vor liebend gerne nach Spielberg . . .

Ja, klar. Der Österreich-Grand-Prix ist mein persönlich­es Highlight. Ich habe in der Gegend früher gearbeitet, bin hier die ersten Rennen gefahren – das ist also auch eine sehr emotionale Beziehung.

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Wenn Toto und Niki Lauda Zeit gemeinsam verbringen, bleibt kein Auge trocken.
 ??  ?? Wolff freut sich, Lewis Hamilton zu „taufen“
Wolff freut sich, Lewis Hamilton zu „taufen“
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In den letzten beiden Jahren zog Nico Rosberg in Spielberg einsam seine Runden an der Spitze.
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Toto Wolff freut sich mit dem fünffachen Saisonsieg­er und WM-Leader Nico Rosberg. Toto Wolff soll Mercedes auch heuer wieder zu WM-Ehren führen.

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