Den Stier bei den Hörnern packen
„Wer net dabei war, glaubts net“, sagte Herr W. zum Bezirksrichter. „I bin neilich in der Steiermark in der Badehosn im Urlaub spaziern ganga, und wia i bei aner Wiesn vurbeikumm, siech i auf an Bam a Schaukl hänga. A Kinderschaukel auf zwa Strick und weil i guat aufglegt war, hab i mi draufgsetzt und hab a bissl gschauklt.
Und wia i wieder obesteign wüll, kriag i auf amal von hintn an Schubser und fliag mit an immensen Schwung wieder vire. I drah mi um, siech i, dass hinter mir a Stierl steht, der was ma mitn Schädl den Stesser gebn hat.
I bin vielleicht fünf Minutn hin- und hergflogn, der Stier hat ma in aner Tour von hintn an Renner gebn, wobei er zum Glück mit seine Herndln immer de klane holzerne Lehne troffn hat.
Wia mi dann scho der Schwindl packt hat und de Landschaft um mi schen langsam an Tango tanzt hat, bin i erst draufkumma, dass i a rote Badehosn anhab, de was den Stier anscheinend zum dauernden Aufmüpfn anfeuert, und i hab beschlossen, mich besseres des Kleidungsstückes schnellstens zu entledigen.
Mit an zirkusreifen Bravourakt hab i mi auf der Schaukl in d Höh zogn und hab ma als a steherter unter dauerndem Hin- und Herpendeln de Badehosn auszogn. Dann hab is eahm dreißg Meter weit ins Gras eineghaut, der Stier is sofort hin und hat mei Hosn auf unzählige Tintnfleckerln verarbeit.
Grad, wia i mit an Stoßge- bet für das gelungene Ablenkungsmanöver von der Schaukel springa wüll, kummt a zeternde Altbäuerin auf mi zua. Schimpft mi an ausgschamten Praterstrizzi, an Akrobat-Exhibitionisten und sticht mit aner Heugabel auf mi hin.
Wann i mi net mit an Elgenschwung wieder in de Lüfte begib und de Frau mitn Fuaß von der Schaukel obe mehrmals aufn Kopf tritt, hätts mi auf an Emmentaler verarbeit. Da war ja der Stier a Lamperl dagegn! De Frau is ja zum Fürchten!“
Die erboste Bäuerin aus der Steiermark („Sowas hab i ja no net erlebt, Herr Rat!“) gab durch ihren Advokaten eine Ehrenerklärung ab.