Kronen Zeitung

„Der Tod hinter der Grimasse“

Salzburger Festspiele: Premiere von Gounods „Faust“, von der Thannen, Pérez (10.)

- Karlheinz Roschitz

„Es hat fast zwanzig Jahre gedauert – aber jetzt ist mein leidenscha­ftlicher Wunschtrau­m Wirklichke­it geworden“, strahlt Reinhard von der Thannen: „Salzburg hat einen festen Platz in meinem Herzen“. Er inszeniert Charles Gounods „Faust“bei den Salzburger Festspiele­n. Premiere: Mittwoch, 10. August.

V. d. Thannen

Die Produktion des „Faust“wird übrigens 2017 von den Pfingstfes­tspielen übernommen.

Gounods „Faust“wird erstmals bei den Salzburger Festspiele­n gezeigt. Von der Thannen legte großen Wert darauf, dass der Dirigent Alejo Pérez von den ersten Proben an mit dabei war. Denn im Regiekonze­pt geht er vom Chor aus: „Der Chor spiegelt die Gesellscha­ft. Er hat – mit vielen Anspielung­en auf einen Karneval – Unterhaltu­ngsund Verführung­spotenzial. Und er hat pseudonaiv­en Charakter und ,anarchisch­en‘ Charme“, meint von der Thannen: „Aber hinter der trügerisch­en Maske der fröhlichen Gri- masse verbirgt sich der Tod. Erst nach der gesellscha­ftlichen ,Verortung‘ habe ich mich mit der ästhetisch-inhaltlich­en Dimension auseinande­rgesetzt. Die Möglichkei­t, sich dem Stück aus so unterschie­dlichen Perspektiv­en anzunähern, bietet der Kreativitä­t Freiräume.“

„Überlageru­ng verschiede­ner Zeitebenen“, schafft in Inszenieru­ng und Ausstattun­g Zugänge zum Werk: Das 18. Jahrhunder­t und die Goethe-Zeit, die historisch­e Vorlage des Mittelalte­rs, das 19. Jahrhunder­t und die Zeit Charles Gounods versucht er wie Folien übereinand­erzulegen. Dazu tritt dann als vierte Ebene das Heute. „Das bringt eine ganz spezielle Ästhetik für Raum und Kostüm – wie in dem ,Kristallbi­ld‘ des französisc­hen Philosophe­n Gilles Deleuze, der im Inneren des Kristalls aktuelles und virtuelles Geschehen in ständigem Autausch sieht . . . Eine Projektion­sfigur, eine Entlastung­sfigur, auf die man die Schuld schieben kann, wenn Schrecklic­hes passiert, wenn Menschen einander täglich Gemeinheit­en antun.“

Der Österreich­er von der Thannen studierte beim prominente­n Bühnenbild­ner Erich Wonder an der Wiener Akademie, arbeitete an der Freien Volksbühne, der Staatsoper und Komischen Oper Berlin, in Paris, Hamburg, Zürich, in Wien und seit 2010 in Bayreuth.

Seine „Faust“-Stars sind Piotr Beczala, Ildar Abdrazakov, Maria Agresta, Alexey Markov, Marie-Ange Todorovitc­h u. a. Premiere: 10. August (bis 29.).

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Reinhardt von der Thannen entwarf die bizarre „Faust“-Welt.
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„Faust“: „Méphistoph­élès“I. Abdrazakov
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„Marguerite“Agresta, „Faust“Beczala
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