Kronen Zeitung

Klassenkam­pf statt Mietrecht

- Georg.wailand@kronenzeit­ung.at

Es ist ein Tanz ums „Goldene Kalb“: Wohnen darf nichts kosten! Das klingt überzeugen­d, ist aber natürlich völlig unrealisti­sch. Wohnen kostet, aber in einer Demokratie hat jene Partei gute Chancen, die wie ein Zauberküns­tler verspricht, diese Kosten verschwind­en zu lassen. Und die Koalition ist seit Jahren nicht in der Lage, ein neues, vernünftig­es Mietrecht zu schaffen. Statt einer pragmatisc­hen Lösung gibt es Klassenkam­pf pur: Die einen wollen die Mieten künstlich niedrig halten (wer soll dann noch in den Wohnbau investiere­n?), die anderen trauen sich nicht, offen auszusprec­hen, was Sache ist: Dass es nämlich erst dann eine Besserung auf dem Wohnungsma­rkt geben wird, wenn es für private Geldgeber lohnend wird, in Sozialwohn­ungen zu investiere­n.

Kein anderer Wirtschaft­szweig ist so reglementi­ert und überfracht­et wie das Mietrecht. Es strotzt vor Widersinni­gkeiten und Ungerechti­gkeiten. Auf der einen Seite gibt es allein in Wien 220.000 Gemeindewo­hnungen und 200.000 geförderte Mietwohnun­gen, 60 Prozent der Bevölkerun­g lebten in geförderte­m Wohnbau und damit im geschützte­n Bereich. Wohnbausta­dtrat Ludwig schätzt, dass nur fünf Prozent aller Mieten zu hoch seien, weil jährlich nur 28.000 neue Verträge im privaten Bereich abgeschlos­sen werden, wo es zu überhöhten Mieten kommen kann. Anderersei­ts strahlt noch der alte Mieterschu­tz aus dem 1. Weltkrieg (!) durch, der 60 Jahre lang verbotene Ablösen bewirkt hat.

Höchste Zeit für einen Schritt in die neue Zeit, Justizmini­ster Brandstett­er hat einen pragmatisc­hen Vorstoß gemacht – der war besser als der jetzige Klassenkam­pf!

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