Olympischer Karneval
Robert Sommer hätte im Maracanã-Stadion am liebsten mitgetanzt Es War eine der berührednsten eröffnungsfeiern überhaupt
Berührend. Mitreißend. Und die Müdigkeit aus den Beinen trommelnd, die durch das viele Laufen wegen des totalen Verkehrs-Infarkts schon ziemlich erschöpft waren. Einfach zum Tanzen ansteckend. Olympischer Karneval pur Anfang August.
Die Stimmung war so gut im Maracanã-Stadion, dass nicht einmal IOC-Boss Thomas Bach ausgepfiffen wurde – und das will etwas heißen! Nur den derzeit regierenden Staatschef Michel Temer, der die gewählte Präsidentin Dilma Rousseff gestürzt hatte, buhte man kräftig aus.
Für mich war es eine der emotionalsten, lustigsten und ehrlichsten Eröffnungsfeiern überhaupt – weil sie bewies, dass nicht unbedingt Geld allein Atmosphäre machen muss: Schließlich hatten die brasilianischen Filmemacher Fernando Meirelles und Andrucha Waddington nur zehn Prozent des 80-MillionenPfund-Budgets von London 2012 zur Verfügung. „Ich war wirklich gerührt“, strahlte auch Österreichs Fahnenträgerin Liu Jia.
Allein der Anblick, wie Supermodel Gisele Bündchen gefühlte zehn Minuten lang mit ihren unendlich langen Beinen zu den weltberühmten Klängen von Antonio Jobims „The Girl from Ipanema“durch den Innenraum stolzierte, war den 10.000Kilometer-Flug von Wien nach Rio wert. Sogar bei den kritischen Momenten, als es um die Unterwerfung der Ureinwohner oder die Klimaerwärmung ging, hätte man am liebsten mitgeschunkelt. Das ist nicht despektierlich, sondern brasilianisch: „Lebe deine Leidenschaft“, hieß schließlich das Motto der Party. Da fehlte nicht einmal der abwesende Pelé wirklich – auch das will in diesem Land etwas heißen! Dafür entzündete sein Landsmann Vanderlei de Lima das Feuer – eine tolle Geste: Der war nämlich beim olympischen Marathon 2004 in Athen in Führung gelegen, von einem Irren attackiert worden und hatte noch Bronze geholt.
Bach gab übrigens noch ein paar Platitüden von sich. Aber das interessierte an diesem Abend niemanden: Wir wollten nur tanzen, singen, leben und glücklich sein.
Ein Schein. Aber ein sehr, sehr schöner.