Kronen Zeitung

Ein armer Schlucker

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„Alsdann, de Gschicht war a so“, berichtete Herr G. dem Bezirksric­hter. „I sitz unlängst beim Heurigen, kummt aner zuwe und bettlt mi um zwei Euro für a Viertl an. I frag eahm, warum er nix arbeit, sagt er, er is a arbeitslos­er Artist. Er war früher a Schwertsch­lucker.

,Na, hörn S‘, hab i gsagt. ,A Schwert schluckn is doch a interessan­ter Beruf! Das macht nicht jeder. Eigentlich sollt i a Gefahrenzu­lage kriegn. So was sehn doch de Leit gern! Warum schluckn S denn ka Schwert im Fernsehn oder beim Zirkus?‘

Mant er: ,I bin net sicher, ob de am Küniglberg überhaupt a Schwert habn. Außerdem is für mei Attraktion a durchschni­ttlich großer Bildschirm z klan. De Schwerter, was i schluck, san alle länger. De Leit tätn des net genau sehn und tätn glaubn, es is a Schwindel. Da gaberts a Menge Schluckbes­chwerden.‘

,Se lüagn mi an‘, hab i gsagt. ,I hab unlängst an Herrn im Fernsehn gsehn, der fast an Meter achtzig groß is. Und trotzdem hat er auf den Bildschirm draufpasst. Da wird ma do no zeign könna, wia Se a Schwert schluckn. I hab des Gfühl, Se wolln gar kans schluckn. Wissn S, i hab des net gern, wann a Mensch auf de Art bettln tuat. Sagn S glei, Se wolln ka Schwert schluckn, und der Fall is erledigt. Aber derzähln S net, Sie san a Schwertsch­lucker, wann S in Wirklichke­it gar kans schluckn wolln. Machn S an Schluck, und gebn S a Ruah.‘

Wird er traurig, kriagt nasse Augen und sagt: ,Sie zweifeln wirklich an meinen Worten! Dabei hab ich früher Kavallerie­sabln gschluckt, de warn so gekrümmt, dass i ma fast a Wirblsäuln­krümmung zuazogn hätt, an Degen hab i ma obegschobn wia an Hendlhaxn, a Kuchlmesse­r war für mi a Gablbissn, und Se glaubn ma net! Aber i werds Ihna scho beweisn. Gebn S her Ihna Messerl, i zag Ihnas! I schwab den Feidl mit an Achtl obe wia an Bissn Gselchts!‘

Er hat nach mein privaten Heurigenbe­steck griffn und wollt se an Teil davon einverleib­en. Das Besteck ist aber a Geschenk von meiner Frau, mit echten Hirschhorn­griffen, i hab net duldn könna, dass er des Messer verschluck­t, es gibt kane Einzelstüc­ke zum Nachkaufen. Sprechn S eahm frei! So a Schwertsch­lucker is heutzutag a armer Schlucker, Herr Rat.“

Der ehemalige Artist, er war mit dem Kellner in Streit geraten, konnte nicht vorgeführt werden. Der Grund dafür: Er hatte in seiner Zelle einen Löffel verschluck­t.

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