Der Frauenversteher
Mit seinem Film „Julieta“(jetzt im Kino) huldigt der spanische Regisseur einmal mehr den weiblichen Stärken.
In seinen Filmen ist stets Gefühl im Verzug. Ohne emotionale Tiefe gibt es keine Schönheit, so das Credo des Spaniers. Während französische Regisseure gern an der schrillen Diven-Dressur festhalten, lädt er seine Arbeiten mit viel femininer Emotionalität auf.
Die Schauspielerinnen, mit denen Pedro Almodóvar arbeitet, sind sensibel und stark zugleich. Und genau das liebt er so an ihnen. Almodóvar: „Die Welt, in der wir leben, ist sehr maskulin, sehr aggressiv. Wir brauchen mehr Weiblichkeit, mehr Wahrhaftigkeit.“
Hineingeboren in die unwirtliche Ödnis der La-Mancha-Region in den 1950er-Jahren, floh Almodóvar erst in überbordende Phantasie, dann nach Madrid. Und wurde mit Filmen wie „Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“, „Alles über meine Mutter“, „Mein Leben ohne mich“, „Sprich mit ihr“, „Volver“, „Zerrissene Umarmungen“zu einem Regisseur, der den Frauen und ihrer Präsenz im Kino huldigt. Zu seinen langjährigen Musen zählen u. a. Penélope Cruz, Carmen Maura, Cecilia Roth. Mit seinem gefühlvollen Drama „Julieta“kehrt der 66-jährige Almodóvar zu bekannter Stärke zurück. Es ist dies die in satte Farben gehüllte Reflexion einer Frau in ihren Fünfzigern, die sich unbewältigten Herzensblessuren lange entzogen hat. Und die Geschichte einer Mutter-Tochter-Beziehung, die an einem weiteren Credo Almodóvars festgemacht ist: „Wer nicht über den Tod nachdenkt, denkt auch nicht über das Leben nach!“Dass zwei Darstellerinnen, nämlich Adriana Ugarte und Emma Suárez, die Titelheldin Julieta in verschiedenen Altersstufen verkörpern, ist regietechnisch fordernd – und riskant. Almodóvar: „Ich traue Make-upTricks nicht, die das Altern simulieren. Es ist fast unmöglich, dass eine 25-Jährige die Präsenz einer 50-Jährigen hat. Es geht dabei gar nicht um Falten, sondern um innere Reife.“Zudem: „Hingabe ist Frauensache“, befindet der Regisseur. Frauen hätten das Talent, sich zu verströmen. Ob in der Familie, im Job, in der Liebe.
Der Film „Julieta“kreist um die schmerzvolle Absenz geliebter Menschen. Almodóvar: „Wir alle tragen unverwundene Abschiede in uns, von denen wir uns nie erholt haben.“
Was er von seiner Mutter gelernt hat, umreißt der spanische „Frauenversteher“wie folgt: „Sie hat mir beigebracht, was es heißt, frei zu sein. Und dass Mann und Frau in allem ebenbürtig sind. Nur in Sachen Schönheit sind uns die Frauen klar überlegen.“Claro. Y gracias.