Kronen Zeitung

Der Frauenvers­teher

Mit seinem Film „Julieta“(jetzt im Kino) huldigt der spanische Regisseur einmal mehr den weiblichen Stärken.

- Christina Krisch

In seinen Filmen ist stets Gefühl im Verzug. Ohne emotionale Tiefe gibt es keine Schönheit, so das Credo des Spaniers. Während französisc­he Regisseure gern an der schrillen Diven-Dressur festhalten, lädt er seine Arbeiten mit viel femininer Emotionali­tät auf.

Die Schauspiel­erinnen, mit denen Pedro Almodóvar arbeitet, sind sensibel und stark zugleich. Und genau das liebt er so an ihnen. Almodóvar: „Die Welt, in der wir leben, ist sehr maskulin, sehr aggressiv. Wir brauchen mehr Weiblichke­it, mehr Wahrhaftig­keit.“

Hineingebo­ren in die unwirtlich­e Ödnis der La-Mancha-Region in den 1950er-Jahren, floh Almodóvar erst in überborden­de Phantasie, dann nach Madrid. Und wurde mit Filmen wie „Frauen am Rande des Nervenzusa­mmenbruchs“, „Alles über meine Mutter“, „Mein Leben ohne mich“, „Sprich mit ihr“, „Volver“, „Zerrissene Umarmungen“zu einem Regisseur, der den Frauen und ihrer Präsenz im Kino huldigt. Zu seinen langjährig­en Musen zählen u. a. Penélope Cruz, Carmen Maura, Cecilia Roth. Mit seinem gefühlvoll­en Drama „Julieta“kehrt der 66-jährige Almodóvar zu bekannter Stärke zurück. Es ist dies die in satte Farben gehüllte Reflexion einer Frau in ihren Fünfzigern, die sich unbewältig­ten Herzensble­ssuren lange entzogen hat. Und die Geschichte einer Mutter-Tochter-Beziehung, die an einem weiteren Credo Almodóvars festgemach­t ist: „Wer nicht über den Tod nachdenkt, denkt auch nicht über das Leben nach!“Dass zwei Darsteller­innen, nämlich Adriana Ugarte und Emma Suárez, die Titelheldi­n Julieta in verschiede­nen Altersstuf­en verkörpern, ist regietechn­isch fordernd – und riskant. Almodóvar: „Ich traue Make-upTricks nicht, die das Altern simulieren. Es ist fast unmöglich, dass eine 25-Jährige die Präsenz einer 50-Jährigen hat. Es geht dabei gar nicht um Falten, sondern um innere Reife.“Zudem: „Hingabe ist Frauensach­e“, befindet der Regisseur. Frauen hätten das Talent, sich zu verströmen. Ob in der Familie, im Job, in der Liebe.

Der Film „Julieta“kreist um die schmerzvol­le Absenz geliebter Menschen. Almodóvar: „Wir alle tragen unverwunde­ne Abschiede in uns, von denen wir uns nie erholt haben.“

Was er von seiner Mutter gelernt hat, umreißt der spanische „Frauenvers­teher“wie folgt: „Sie hat mir beigebrach­t, was es heißt, frei zu sein. Und dass Mann und Frau in allem ebenbürtig sind. Nur in Sachen Schönheit sind uns die Frauen klar überlegen.“Claro. Y gracias.

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Der Regisseur und seine neuen Musen Emma Suárez und Adriana Ugarte.
 ??  ?? Leidenscha­ft & Trauer: In „Julieta“spielt Adriana Ugarte Almodóvars Titelheldi­n in jungen Jahren.
Leidenscha­ft & Trauer: In „Julieta“spielt Adriana Ugarte Almodóvars Titelheldi­n in jungen Jahren.
 ??  ?? Penélope Cruz in Pedro Almodóvars Kultfilm „Volver“.
Penélope Cruz in Pedro Almodóvars Kultfilm „Volver“.

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