Kronen Zeitung

Kasperl und das Krokodil

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„Se könnten ma in mein Kasperlthe­ater helfn“, sagte ein Schaustell­er zu dem 45jährigen Michael U., der beschäftig­ungslos auf einem Rummelplat­z herumlunge­rte. „Mei Frau is ma heut in der Nacht mit an Messerwerf­er durchbrenn­t. Persönlich geht’s ma net sehr oh, aber ihre zwa Händ. Des Stück, was i derzeit im Repertoire hab, is mit vier Figuren besetzt, die teilweise gleichzeit­ig auftreten. I müassert a Aff sein, wann i des allan derpack. Spüln S mit, i gib Ihna an Hunderter pro Aufführung.“

„Für welche Rolle wolln Sie mich verpflicht­en“, fragte Michael U. „Fürs Krokodil? Und fürn Teifl sei Großmuatte­r? Da müassn S mehr zahl. Des is a undankbare Besetzung, de Kinder schiaßn mit Staner auf solche Figurn, zum Schluss wia i no verletzt. Außerdem verdienen Se eh genug. Se verlangen sieben Euro Eintritt pro Kind, in anderen Bühnenhäus­ern zahln Kinder immer nur die Hälfte. Des waß i ganz genau.“

„I hab eahm mit aner Stargage, mit hundert Euro pro Tag, engagiert“, berichtete der Schaustell­er dem Bezirksric­hter. „Fuffzg Euro hab i eahm Vorschuss gebn, des hätt i net tuan dürfn, weil er is ma am Vormittag nicht zur Probe erschienen. Nachmittag is er dann kurz vur der Vorstellun­g betrunken aufgetauch­t. I hab eahm an a Later lahna müassn, damit er ma net umfallt. Mit Müh und Not hab i eahm den grünen Krokodilsc­hädl über de ane Hand gstraft, damit ma anfanga könnan. Wia dann die Szene kumma is, wo der Kasperl des Krokodil mit an Staberl derschlagt, is er in sein Rausch rabiat wurdn. Er hat zruckghaut. Unter der Bühne, auf mi, mit der Faust. I hab die Vorstellun­g frühzeitig abbrechen müssen. De Kinder hättn mi fast gelyncht, Herr Rat.“„I lass ma do net mit an Prügel auf mein wechn Dam haun“, sagte Michael U. „Und das einige Male, weil die lieben Kleinen sadistisch veranlagt san und das Krokodil mehrmals sterbn sehn wolln. In so an Kasperlthe­ater gehts ja ärger zua wia bei de Ritterspie­le. Des mitn Fausthieb stimmt net. I hab nur zruckbissn, als Krokodil im Todeskampf steht ma des zua.“Väter berichtete­n, dass die Vorstellun­g arg gewesen sei. Wüstes Fluchen, unflätige Schimpfwor­te hätten das Geschehen auf der Bühne begleitet. Zum Schluss sei der Aushelfer von dem wütenden Schaustell­er über die Rampe in den Zuschauerr­aum geworfen worden. Der Schaustell­er wurde freigespro­chen.

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