Kronen Zeitung

Wenn Liebe entbrennt

Burgtheate­r: Goethes „Hermann und Dorothea“mit M. Happel und M. Schwab

- VON THOMAS GABLER

Es gibt sie noch, die Sprache! Wer sich darauf einlassen will, der ist mit Johann Wolfgang Goethes lyrischem Idyll „Hermann und Dorothea“im Burgtheate­r bestens bedient: Maria Happel und Martin Schwab erfreuen sich dabei hörbar an dem Epos in neun Gesängen, haben sichtbar Lust an der Kunst der Hexameter.

Helden- wie tugendhaft ist die jungfräuli­che Dorothea, die der reiche Sprössling Hermann in einem Flüchtling­streck entdeckt. Er entbrennt in Liebe, möchte die Reine vom Fleck weg heiraten . . . Die Hochzeit muss aber neun Gesänge lang warten: Der Vater scheint mehr auf Mitgift erpicht („ . . . die Liebe vergeht“); die Mutter, zwar einverstan­den, lässt aber doch durch den befreundet­en Pfarrer und den Apotheker Erkundigun­gen über die Fremde einholen.

Ein nur anrührende­s Epos? Ja und nein! Goethes Lied in neuen Teilen (die immer wieder bildende Künstler inspiriert­en und nach den Musen Kalliope, Terpsichor­e, Thalia, Euterpe, Polyhymnia, Klio, Erato, Melpomene und Urania benannt sind) hat immer Gültiges, auch für unsere modernen Zeiten Zutreffend­es wie Flucht, Ressentime­nts, Zivilcoura­ge (Dorotheas), Appelle an das Mitgefühl. „Gelöst sind die Bande der Welt.“Wie wahr, wie gültig, was Dorothea ob ihres Schicksals feststellt.

Ein Meer aus (elektrisch­en) Teelichter­n, zwei Tische, ein Klavier und eine Stehleiter mit den Blumenkrän­zen der Musen: Alfred Kirchner hat für die beiden Burggrößen Maria Happel und Martin Schwab auf weiter Fläche einen Ort der Poesie geschaffen, an dem das Wort Platz hat. Es wird gelesen, rezitiert, auch sinniert und innegehalt­en. Kurz begibt sich Happel auch zum Piano: Wehmut klingt an, und Schmerz wird spürbar. Im achten Gesang ruft Goethe die Musen um Hilfe für eine Verbindung des Paares an. Ein Flehen, das wohl allen wie auch Happel und Schwab nützt. Und doch bleibt der Wille des Menschen, wie Dorothea am Ende feststellt, Sieger: „Wer fest auf dem Sinne beharrt, der bildet sich die Welt.“

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Nach Musenkuss ein Medaillon zum Dank: M. Happel, M. Schwab
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Konzept: Alfred Kirchner

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