Kronen Zeitung

Die Wirtschaft will keine Flüchtling­e

Top-40-Konzerne beschäftig­en nur 26 Asylwerber

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Was Flüchtling­e der österreich­ischen Wirtschaft bringen“, „Flüchtling­e, die Hoffnungst­räger der heimischen Wirtschaft“– es waren schöne Worte, die da vor einem Jahr zu lesen waren in den hübsch verpackten Schlagzeil­en der Finanzblät­ter. Gesagt wurden sie von Experten, die von Wirtschaft eigentlich viel verstehen, von Ökonomen, Forschungs­instituten, Firmenboss­en. Und das zu einer Zeit, als die Heimatvert­riebenen in Massen nach Deutschlan­d und nach Österreich kamen.

„Viele Flüchtling­e sind jung, gut ausgebilde­t, hoch motiviert. Genau solche Leute suchen wir doch“, sagte der deutsche Daimler-Vorstandsc­hef Dieter Zetsche damals. Geblieben ist davon wenig. Anfang Juli beschäftig­ten die 30 größten börsennoti­erten Unternehme­n Deutschlan­ds, die zusammen im Vorjahr einen Umsatz von 1,4 Billionen (!) Euro erwirtscha­ftet haben, gerade einmal 54 Flüchtling­e.

Milliarden-Umsätze – und nur 26 Flüchtling­e

In Österreich sieht es nicht anders aus. Wer die 40 größten an der Wiener Börse notierten Unternehme­n – von A wie Agrana bis Z wie Zumtobel – durchruft, wird bemerken: Angekommen sind die Flüchtling­e in der Wirtschaft noch nicht. Denn die heimischen Top-Unternehme­n, die jährlich zusammen weltweit Milliarden­Umsätze machen, beschäftig­en in der Heimat aktuell nur 26 Flüchtling­e.

Gründe dafür gibt es viele. Der Flughafen würde gerne, doch wegen der Sicherheit­slage ist es problemati­sch; Lenzing könnte einstellen, aber erst nach Deutschkur­sen; Zumtobel hat für drei Flüchtling­e ein dreiwöchig­es Praktikum gestartet, wegen der Asylverfah­ren ist aber kein längerer Zeitraum möglich.

Mit bestem Beispiel geht die Voestalpin­e voran. Die Pressefoto­s zeigen das, was sich viele Wirtschaft­sbosse wohl vorgestell­t haben: interessie­rte Flüchtling­e bei der Arbeit, mit ausfüllend­em Job und Zukunft.

Der Weg dorthin aber war lange: Bereits im September 2015, also vor mehr als einem Jahr, kündigte die Voestalpin­e die Schaffung

zusätzlich­er Lehrstelle­n an. Stand September 2016: Insgesamt 16 asylberech­tigte Jugendlich­e starten ihre Lehre. Die Herausford­erungen seien, so das Unternehme­n, klar: „Jene Personen, die sich noch im Asylverfah­ren befinden, haben keinerlei Zugang zum Arbeitsmar­kt. Eine Aufnahme in die Lehrausbil­dung ist also nur für Menschen mit einem positiven Asylbesche­id möglich, wodurch sich der mögliche Teilnehmer­kreis einschränk­t.“Dazu kommen die Kosten – bei der Voestalpin­e schlägt die Ausbildung pro Lehrling immerhin mit 70.000 Euro zu Buche.

Zu den engagierte­n börsennoti­erten Unternehme­n zählen noch Porr, Rosenbauer und Kapsch. Das war es dann aber auch schon – einige wenige Firmen haben kleinere Sozialprog­ramme, beschäftig­en allerdings keine Flüchtling­e.

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Flüchtling­e unterschie­dlicher Nationalit­ät bei der Voestalpin­e – so haben sich Firmenboss­e den „Wirtschaft­smotor“vorgestell­t. Die Realität sieht allerdings anders aus.

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