Nur ja keine Gelegenheit für ein Foul auslassen Kommt wieder eine
Es geht einfach nicht mehr, die Koalition von SPÖ und ÖVP ist am Ende. Wer auch nur den geringsten Funken eines Willens verspürt, eine Partnerschaft aufrechtzuerhalten, der verkneift sich auch einmal den einen oder anderen Seitenhieb. Aber das schaffen Rot und Schwarz nicht, jede nur erdenkliche Möglichkeit eines Fouls wird sofort ergriffen. Letzter Höhepunkt des gegenseitigen Anrempelns: die Budgetrede von Finanzminister Hans Jörg Schelling und die darauffolgende Reaktion der SPÖ. Bundeskanzler Christian Kern zitierte Elvis und warf Schelling „Reformen im Schlafwagentempo“vor. Dieser wiederum konnte es in der ORF-„Pressestunde“nicht lassen, seinerseits gegen den Kanzler, der sechs Jahre an der Spitze der ÖBB stand, zu schießen: Das Schlafwagentempo sei jemand anders zuzuordnen, er, Schelling komme ja nicht aus den ÖBB.
Mindestsicherung: Will niemand die Einigung?
Die Regierung verwendet wesentlich mehr Anstrengungen darauf, sich auf Neuwahlen vorzubereiten, als tatsächlich noch etwas weiterzubringen. Das zeigt sich auch beim Streit um die Reform der Mindestsicherung. Seit Wochen schon heißt es immer wieder: „Wir sind bereits sehr nahe dran, aber eine Einigung gibt es noch nicht.“
Mittlerweile ist hinter vorgehaltener Hand auch schon zu hören, dass so mancher vielleicht gar keine Einigung will, denn sonst hätte man diese ja schon längst verkünden können.
Pseudobericht statt Integrationspaket
Wesentlich offener wurde da in der vergangenen Woche das Scheitern beim Integrationspaket kommuniziert. Zwischen Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Staatssekretärin Muna
Duzdar (SPÖ) scheitere es schon am Grundkonzept, war aus Verhandlerkreisen zu hören.
So wurde das angekündigte Paket schließlich auf unbestimmte Zeit verschoben und wieder einmal eine Arbeitsgruppe eingerichtet.
„geile“Bildungsreform?
Am Dienstag will die Regierung das Autonomiepaket für die Schulen vorlegen. Immerhin. Die Direktoren sollen sich künftig ihre Lehrer selbst aussuchen können und generell wesentlich mehr Spielraum bekommen, auch was die Beginnzeiten des Unterrichts betrifft. Von einer umfassenden Reform, die nicht nur die Autonomie betrifft, ist mittlerweile aber keine Rede mehr. Um die Modellregionen und die gemeinsame Schule ist es sehr ruhig geworden. Und zur Erinnerung: Bereits vergangenen November legten die damalige Unter-
richtsministerin Gabriele HeinischHosek (SPÖ) und Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) ein umfangreiches Papier vor. Gefeiert mit einem Abklatschen der beiden Verhandler und von Mahrer auch als „fast geil“bezeichnet. Sehr rasch geriet dann aber alles ins Stocken.
Gewerkschaft sagt routinemäßig „Nein“
Auch das Autonomiepaket hat noch eine große Hürde vor sich: die Lehrer-Gewerkschaft. Der oberste Betonierer, Fritz Neugebauer, ist zwar – offiziell – abgetreten, aber der Ton und die nicht vorhandene Kompromissbereitschaft sind gleich geblieben. Kaum im Amt, hat der neue Chef der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Norbert Schnedl, schon verkündet, dass er die Autonomie für die Schulen ablehnt. Das Modell halte er für nicht praktikabel, es bringe nur Chaos, so Schnedl. Damit hat er gleich im Vorhinein einmal klargemacht, dass sich an der AlleReformenverhindern-Linie der Gewerkschaft rein gar nichts ändern wird.
Mühsames Durchhalten bis zur Hofburg-Wahl
Das Motto der Regierung scheint nun zu sein: Durchhalten bis 4. Dezember, bis zur Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl. Danach dürfte es mit dem Platzen der Koalition und der Ausrufung von Neuwahlen ziemlich rasch gehen. Die Strategen in den Parteizentralen überlegen derzeit nur noch, ob es klüger ist, der Aktive zu sein, also derjenige, der die Partnerschaft aufkündigt und erklärt, dass es einfach nicht mehr gehe, oder ob man sich auf den Standpunkt zurückzieht: „Wir hätten ja gewollt, aber die an-deren waren so unglaublich böse . . .“