Ein heikler Gast
„I bin der friedliebendste Mensch von der ganzen Welt“, sagte der Ofensetzer Albert E. „Aber was z vül is, is z vül. I hab damals in der Brigittenau zu tuan ghabt, und weil i hungrig war, bin i zu an fremden Wirtn eineganga. I setz mi nieder und bemerk, dass auf dera Tischplattn de Speisereste von mindestens aner Wochn pickn.
Geht der Kellner vurbei, und i ruaf eahm an. ,Herr Ober!‘, hab i gsagt. ,Wischn S doch den Tisch oh!‘
,Glei, glei!‘, hat der Kellner gsagt. ,Da habn S derweil de Speisekartn.‘
,Danke‘, sag i drauf. ,I brauch ka Speisekartn. I siech eh auf dera Tischplattn, was es zum Essn habts. Da pickn a paar Reiskörndln, da hängt a Stückl Erdäpfl, und mitn Ärml lahn i im Gulaschsaft. Wischn S ma doch endlich den Tisch oh!‘ ,Glei, glei‘, sagt drauf der Kellner wieder. ,Sads net gar so haklich, Leidln! Daham habts alle a Wirtschaft, dass ma net waß, was is de Kuchl und was is Schlafzimmer. Aber in an Gasthaus, da derf net a Krümerl Brot auf der Deckn sein. Außerdem is eigentlich an dem Tisch, wo Sie es sich bequem gmacht habn, Selbstbedienung. Für Rechts wegn müassatn S Ihnan selber ohwischn. Na hoffentlich, san S net zu bequem dafür!‘
Jetzt bin i – wie Sie sich sicher vorstellen können – haßganga.
,Für Rechts wegn gebührt Ihna a Tetschn!‘, hab i erwi- dert. Lassn S mi nachdenken, Herr Richter, was i no alles gsagt hab . . . Sunst hab i ei- gentlich eh nix mehr zu eahm gsagt.“
„Sunst hat der Herr wirklich nix gsagt“, sagte der Kellner als Zeuge. „Nur beim Vurbeigehn hat er mi auf amal bei der Jackn ghabt. Er hat mi zum Tisch obezahrt und hat mit mein Oberkörper de Tischplattn greinigt. ,So!‘, hat er dazua gsagt. ,Des war jetzt a Selbstbedienung!‘“
Albert E. wurde wegen tätlicher Ehrenbeleidigung zu 500 Euro Geldstrafe verurteilt.
„Macht mir überhaupt nix!“, meinte er trotzig. „Des werd i alles denen Kellnern vom zukünftigen Trinkgeld ohziagn. Mitgehangen, mitgefangen. C’est la vie. Das ist das Leben. So und nicht anders. “