Das Mailänder Modell
Italien taugt in puncto Wohnbau zwar nur bedingt als Vorbild für Österreich – dennoch fand man bei einer Studienreise Ideen, die in Österreich umsetzbar wären.
Konkret wollten Mitglieder des Vereins für Wohnbauförderung (vwbf) bei der Studienreise den sozialen WohnbauinMailand unter die Lupe nehmen. Wobei – ganz vergleichen lässt sich Italien nicht mit Österreich. Schließlich liegt dort das Hauptaugenmerk auf Ei- gentum: 72 Prozent der Wohnungen sind in Privatbesitz (in Österreich 58 %), 24 Prozent sind gewerbliche oder private Mietwohnungen (22 %) – und nur vier Prozent sind gemeinnützige Wohnungen. Zum Vergleich: In Österreich sind es 20 Prozent, wissen Markus Sturm und Karl Wurm, der Obmann des vwbf und sein Vize. Und der Druck ist groß: In Italien fehlen derzeit rund 600.000 Sozial-Wohnungen – diese sind jedoch nicht mit jenen in Österreich gleichzusetzen. In Italien ist sozialer Wohnbau nur für die unterste Gesellschaftsschicht, da werden 20 Euro bis 200 Euro Miete bezahlt. „Bei uns ist der soziale Wohnbau für eine größere Schicht interessant“, weiß Wilhelm Zechner (Sozialbau Wien).
Investoren ante portas
Wobei in Italien große Teile der Stadtentwicklung über Investoren, die mittels Fonds Gründe kaufen, läuft. Sowohl im gehobenen Bereich – da zahlt man in Mailand etwa 10.000 bis 12.000 Euro pro Quadratmeter (z.B. im Bosco Verticale, dem berühmten Hochhaus mit Bäumen) –, als auch im sozialen Wohnbau. „Auch bei uns stehen Investoren schon ante portas“, wissen Sturm und Wurm, „noch ist das nicht die Regel – aber spannend wird das schon, da die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen“.
Dennoch fand Wurm auch Nachahmenswertes in Mailand – etwa den Zwang, dass bei umgewidmeten Grundstücken bis zu 75 Prozent der Fläche für sozialen Wohnbau verwendet werden müssen. „Das wird teilweise auch bei uns, beispielsweise in Salzburg und Innsbruck, praktiziert“, weiß Sturm. „Aber es gibt noch keine verfassungsrechtliche Sicherheit für leistbare Grundpreise, das wäre längst fällig.“Auch die übrigen Teilnehmer – wie etwa aus Oberösterreich Georg Pilarz und Wolfgang Modera (beide Giwog) sowie Robert Oberleitner (Neue Heimat) – können demModell etwas abgewinnen: „So könnte man leistbares
Wohnen auf längere Sicht garantieren. Derzeit fliegen uns die explodierenden Grundpreise um die Ohren.“Und Wurm ergänzt: „Man muss den Gemeinnützigen auch die Möglichkeit geben, günstig zu bauen. Das fängt bei den Grundkosten an.“Wäre eine Bevorzugung nicht ein Problem mit der EU-Wettbewerbsbehörde? „Nein, ich denke, da fürchten wir uns zu viel.“
Dreiteilung der Normen
Doch nicht nur die Preise sind ein Problem – auch die ausufernde Zahl an Vorschriften und Normen sorgt für Ärger. Da wäre das aus Oberösterreich angedachte Modell der „Dreiteilung der Normen“eine Lösung, indem man zwischen Normen der Wissenschaft, der Technik und der Anwendung unterscheidet. Auch die Bauvorschriften gehören überarbeitet. „Natürlich ist etwa Schalldämmung wichtig – aber dass überall, wo gefördert wird, die gleiche Schalldämmung einzubauen ist, ist fragwürdig. Da sollte es je nachKategorieUnterschiede geben“, sagen die gemeinnützigen Wohnbauer.