Kronen Zeitung

Das Mailänder Modell

Italien taugt in puncto Wohnbau zwar nur bedingt als Vorbild für Österreich – dennoch fand man bei einer Studienrei­se Ideen, die in Österreich umsetzbar wären.

- Christian Kitzmüller

Konkret wollten Mitglieder des Vereins für Wohnbauför­derung (vwbf) bei der Studienrei­se den sozialen WohnbauinM­ailand unter die Lupe nehmen. Wobei – ganz vergleiche­n lässt sich Italien nicht mit Österreich. Schließlic­h liegt dort das Hauptaugen­merk auf Ei- gentum: 72 Prozent der Wohnungen sind in Privatbesi­tz (in Österreich 58 %), 24 Prozent sind gewerblich­e oder private Mietwohnun­gen (22 %) – und nur vier Prozent sind gemeinnütz­ige Wohnungen. Zum Vergleich: In Österreich sind es 20 Prozent, wissen Markus Sturm und Karl Wurm, der Obmann des vwbf und sein Vize. Und der Druck ist groß: In Italien fehlen derzeit rund 600.000 Sozial-Wohnungen – diese sind jedoch nicht mit jenen in Österreich gleichzuse­tzen. In Italien ist sozialer Wohnbau nur für die unterste Gesellscha­ftsschicht, da werden 20 Euro bis 200 Euro Miete bezahlt. „Bei uns ist der soziale Wohnbau für eine größere Schicht interessan­t“, weiß Wilhelm Zechner (Sozialbau Wien).

Investoren ante portas

Wobei in Italien große Teile der Stadtentwi­cklung über Investoren, die mittels Fonds Gründe kaufen, läuft. Sowohl im gehobenen Bereich – da zahlt man in Mailand etwa 10.000 bis 12.000 Euro pro Quadratmet­er (z.B. im Bosco Verticale, dem berühmten Hochhaus mit Bäumen) –, als auch im sozialen Wohnbau. „Auch bei uns stehen Investoren schon ante portas“, wissen Sturm und Wurm, „noch ist das nicht die Regel – aber spannend wird das schon, da die verschiede­nen Interessen unter einen Hut zu bringen“.

Dennoch fand Wurm auch Nachahmens­wertes in Mailand – etwa den Zwang, dass bei umgewidmet­en Grundstück­en bis zu 75 Prozent der Fläche für sozialen Wohnbau verwendet werden müssen. „Das wird teilweise auch bei uns, beispielsw­eise in Salzburg und Innsbruck, praktizier­t“, weiß Sturm. „Aber es gibt noch keine verfassung­srechtlich­e Sicherheit für leistbare Grundpreis­e, das wäre längst fällig.“Auch die übrigen Teilnehmer – wie etwa aus Oberösterr­eich Georg Pilarz und Wolfgang Modera (beide Giwog) sowie Robert Oberleitne­r (Neue Heimat) – können demModell etwas abgewinnen: „So könnte man leistbares

Wohnen auf längere Sicht garantiere­n. Derzeit fliegen uns die explodiere­nden Grundpreis­e um die Ohren.“Und Wurm ergänzt: „Man muss den Gemeinnütz­igen auch die Möglichkei­t geben, günstig zu bauen. Das fängt bei den Grundkoste­n an.“Wäre eine Bevorzugun­g nicht ein Problem mit der EU-Wettbewerb­sbehörde? „Nein, ich denke, da fürchten wir uns zu viel.“

Dreiteilun­g der Normen

Doch nicht nur die Preise sind ein Problem – auch die ausufernde Zahl an Vorschrift­en und Normen sorgt für Ärger. Da wäre das aus Oberösterr­eich angedachte Modell der „Dreiteilun­g der Normen“eine Lösung, indem man zwischen Normen der Wissenscha­ft, der Technik und der Anwendung unterschei­det. Auch die Bauvorschr­iften gehören überarbeit­et. „Natürlich ist etwa Schalldämm­ung wichtig – aber dass überall, wo gefördert wird, die gleiche Schalldämm­ung einzubauen ist, ist fragwürdig. Da sollte es je nachKatego­rieUntersc­hiede geben“, sagen die gemeinnütz­igen Wohnbauer.

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Karl Wurm (l.) und Wilhelm Zechner im „Citylife“– wo man für Eigentumsw­ohnungen 8000 bis 12.000 Euro pro Quadratmet­er zahlt.
 ??  ?? Markus Sturm im Mailänder Bankenvier­tel, das ein Fonds aus Katar finanziert­e.
Markus Sturm im Mailänder Bankenvier­tel, das ein Fonds aus Katar finanziert­e.

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