CETA-Pakt: Hängepartie bis zur letzten Sekunde
Brüssel. – Nach dem Scheitern des Handelsministerrates am Dienstag geht das Gezerre um den CETA-Handelspakt in die nächste Runde. Nun soll es der Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs richten. Es ist aber durchaus möglich, dass sich die Wallonen, die derzeit alles blockieren, mit ihrem Einlenken noch ein wenig Zeit lassen.
EU-Ratspräsident Donald Tusk schrieb in seinem Einladungsbrief zum Gipfel von einer „besonderen Verantwortung“sowie davon, dass es „noch einiges zu tun“gebe und er hoffe, „einen Weg nach vorn“zu finden.
Leicht dürfte das jedoch nicht werden. Denn das Nein der Wallonen hat schnelle Nachahmer gefunden, Bulgarien und Rumänien nutzen das Chaos, um in letzter Minute noch eine Visafreiheit von Kanada zu erpressen.
Rasche Entscheidung „sehr, sehr schwierig“
Der wallonische Regierungschef Paul Magnette schloss kurz vor dem Gipfel in Brüssel eine Einigung nicht aus, betonte aber gleichzeitig, dass es „sehr, sehr schwierig“sei, sich so rasch zu entscheiden. Einen Tag zuvor hatte Magnette noch gemeint, dass die Unterzeichnung des CETA-Vertrags verschoben werden solle – man könne sich ein paar Wochen oder Monate Zeit nehmen.
Bundeskanzler Christian Kern glaubt nicht an einen Beschluss bis Freitag, sondern eher an eine „Entscheidung auf den letzten Metern“.
Kanadas Premier Justin Trudeau reagiert unterdessen zunehmend gereizt, auch weil er bereits viele Zugeständnisse gemacht hat.
Es geht nicht um den Pakt, sondern ums Geld
Die kleine belgische Region Wallonie war einst das Aushängeschild der florierenden Wirtschaft des Landes, doch mit dem Zusammenbruch der Schwerindustrie begann der Niedergang. Die Wallonie wurde zum Armenhaus Belgiens, das immer neidisch auf das reiche, blühende Flandern blickt. Und so geht es den Aufmüpfigen im CETA-Streit auch weniger um den Handelspakt an sich, als um finanzielle Dinge. Die Wallonen wollen schlicht mehr Geld von ihrer nationalen Regierung. Ihre Zustimmung
zum Abkommen mit Kanada wollen sie sich teuer abkaufen lassen.
Der Druck auf die Widerspenstigen wächst
Unterdessen wächst aber natürlich der Druck auf die widerspenstige Region. Vor allem Frankreich hat sich als Vermittler eingeschaltet, Präsident François Hollande empfing bereits den wallonischen Ministerpräsidenten Paul Magnette, Kanada versucht aus der Ferne einzuwirken, EU-Botschafter arbeiten auf Hochtouren, um doch noch eine Lösung zu finden. Und auch innerhalb Belgiens müssen sich die Wallonen so einiges anhören, etwa, dass sie ihre Region zum „Kuba Europas“machen. Bisher jedoch blieben alle Umstimmungsversuche ohne Erfolg.
Noch geht Europa dennoch davon aus, dass die Wallonen einlenken und Belgien den CETA-Vertrag unterschreibt. Die Frage scheint nur zu sein, wann. Vermutlich nicht bei diesem Gipfel.
Allzu viel Zeit bleibt jedoch nicht mehr: Am 27. Oktober soll das Abkommen mit Kanada unterzeichnet werden.
„Ein zweites Mal machen wir das so nicht mit“
Österreichs Regierung hat bereits grünes Licht zu CETA gegeben, wenn auch nicht mit großer Euphorie. In einer Erklärung der Republik wird festgehalten, dass Österreich aus der sogenannten vorläufigen Anwendung, also dem provisorischen Inkrafttretens des Vertrages, aussteigen kann. Ähnlichen Abkommen erteilt Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) schon jetzt eine Absage: „Ein zweites Mal machen wir das so sicher nicht mit.“
Wieder hitzige Debatte über TTIP-Abkommen
In den Schlussfolgerungen des Gipfels ist ein euphorischer Absatz über den TTIPDeal mit den USA vorgesehen. Kern: „Dem werden wir nicht zustimmen.“