Rettet uns Belgien?
Als ich vor 65 (!) Jahren als junges Au-pairMädchen die sechs kleinen Kinder eines gemischtsprachigen Anwaltsehepaares in Brüssel hütete, war mir die flämische Verwandtschaft von Madame sympathischer als die wallonische von Monsieur. Seit die Politiker der Wallonie aber Rückgrat gezeigt haben und Belgien hindern, CETA zu unterschreiben, neigt sich meine Gewogenheit den französischsprechenden Wallonen zu. Die Rumänen und Bulgaren verweigern ja auch ihre Unterschrift zu CETA, aber die wollen die Visafreiheit ihrer Völker von den Kanadiern erpressen. Sicher haben die Wallonen, denen es wirtschaftlich schlechter geht als den belgischen Flamen und belgischen Deutschen (warum, bleibt dahingestellt!), auch einen Wunsch in petto, den ihnen die EU schlussendlich erfüllen wird, um sie auch herumzukriegen. Wir erleben halt eine kleine Verzögerung, wie damals beim Lissabon-Vertrag, als die Franzosen und die Niederländer sowie die Iren zu diesem Schandabschluss Nein sagten. Wir sind nun schon 22 Jahre bei diesem „Werteverein“und wissen daher, dass alles, wirklich alles, was sich diese E(ntmündigungs) U(nion) einbildet, geschieht.
Übrigens ein Nachtrag für die „glühenden Europäer“, die sich vielleicht wundern, dass wir jungen Österreicher so knapp nach dem Zweiten Weltkrieg und ganz ohne hoch gelobte EU ins europäische Ausland zum Sprachenlernen gehen konnten. Viele wagemutigen jungen Leute meiner Generation gingen damals nach England, Belgien, Frankreich, Italien und sogar nach Spanien als Au-pair. Wir waren uns zum Arbeiten um geringes Taschengeld nicht zu schade. Ich arbeitete z. B. als Farmhilfe auch in England und als Kindermädchen in Italien. Uns musste man nicht zum 18. Geburtstag ein freies Interrail-Ticket vom Steuergeld der Nettozahler schenken, wie es die EU-Abgeordneten unlängst für die heutige Jugend beschlossen haben, um uns auf die Reise in Europa zu schicken.
Unser Reisegeld wurde von den „Dienstgebern“im Ausland vorgestreckt und von uns abgearbeitet. Maria Klingler, Kirchdorf in Tirol