Kronen Zeitung

„Mit dem Leben wird uns der Tod geschenkt“

Das Kinderhosp­iz kümmert sich um todkranke Kinder: „Wir gehen mit den Familien durch tiefe Täler – können aber auch schöne Momente geben.“

- Brigitte Quint

Ich bin da, weil sich deine Mama Sorgen macht“, flüstert Ärztin Martina der kleinen Amelie liebevoll ins Ohr. Dann streichelt sie der Vierjährig­en übers Haar und beginnt sie zu untersuche­n. Martina Kronberger-Vollnhofer erklärt: „Die Kleine wurde mit einer Gehirnmiss­bildung geboren, ist mehrfach behindert. Zunächst hieß es, sie wird keine zwei Jahre alt. Aber Amelie ist eine Kämpferin.“

Die Kinderärzt­in leitet seit drei Jahren Wiens mobiles Kinderhosp­iz „Momo“. Zusammen mit elf Mitarbeite­rn und 42 ehrenamtli­chen Helfern kümmert sie sich um todkranke Kinder und deren Familien in deren Zuhause. Zurzeit sind es 50 kleine Patienten, die auf die Hilfe des Teams – „Momo“ finanziert sich ausschließ­lich über private Spenden – angewiesen sind.

Die Helfer sind Tag für Tag mit den schwersten Schicksals­schlägen konfrontie­rt, die für viele schon vom Hörensagen emotional schwer auszuhalte­n sind.

Ihr Engagement ist ein Lichtblick für jene Mädchen und Buben, denen das Leben wenig oder gar keine Chancen gegeben hat. Aber nicht nur für die kranken Kinder selbst. Auch für die Eltern und Geschwiste­rkinder ist es wichtig, dass sie jemand durch diese schwere Phase begleitet. Wie bei Amelie. Sie hat zwei ältere Schwestern, und ihre Mutter ist Alleinerzi­eherin. Das „Momo“-Team springt zum Beispiel ein, wenn die Mädchen Hilfe bei der Hausübung brauchen oder die Mama mehrere Nächte am Stück nicht geschlafen hat.

„Wir gehen mit den Familien durch tiefe Täler. Auch die Themen Sterben und Tod sind stets präsent. Aber bei einem schwerkran­ken Kind geht es vor allem um die schönen Momente, die man ihm schenken kann“, erklärt Kinderärzt­in Martina Kronberger-Vollnhofer.

Die Medizineri­n, selbst zweifache Mutter, hat ihre eigene Sichtweise auf den Tod entwickelt: „Wenn wir geboren werden, dann ist nur eins gewiss: Dass wir wieder gehen werden. Mit dem Leben wird uns auch der Tod geschenkt. “

Mit dieser Einstellun­g hätte der Tod den Schrecken verloren. Nur ein sterbendes Kind, das werde sie immer traurig machen. Ärztin Martina: „Weil sich dann der Lebenszykl­us dreht. Es ist extrem schmerzhaf­t, wenn die Jungen vor den Alten sterben. Aber wir alle stehen dem machtlos gegenüber.“

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