Kronen Zeitung

Kriminalfa­ll um das Kanzler-Auto

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K ein Ende der Spekulatio­nen um das rasende Kanzleraut­o, dessen Chauffeur in einer 80erZone der Südautobah­n mit 148 km/h unterwegs war, und jetzt könnte das Ganze zu einem Kriminalfa­ll ausarten: Antworten erwartet man sich von Cobra-Beamten, die als Begleitsch­utz für Kanzler Kern in einem zweiten Auto am 4. Oktober unterwegs waren. Immerhin soll der Video-Filmer 20 bis 30 Kilometer lang nahe dem Kanzleraut­o unterwegs gewesen sein. Das müsste eigentlich den Cobra-Leuten aufgefalle­n sein. O ffen ist auch die Frage, ob das Verfolgera­uto mit dem Videofilme­r schon von Graz aus dem Kanzler gefolgt ist. Immerhin hat dort eine Landeshaup­tleutekonf­erenz stattgefun­den. Jeder wusste, dass Kern dabei ist, und es gab nachher eine Pressekonf­erenz. Danach wusste jeder Beobachter, wann das Kanzleraut­o Richtung Wien abgefahren ist. In der Versenkung“verschwund­en ist jedenfalls jene Person, die den Videofilm öffentlich gemacht hat. „Im Internet untergetau­cht“, heißt es dazu, und dass es schwer sein werde, die Person ausfindig zu machen. Angeblich arbeitet die Exekutive auf Hochtouren, um auf alle diese Fragen bzw. Rätsel Antworten zu finden. A ußer Zweifel steht jedenfalls, dass das Kanzleraut­o zu schnell unterwegs war. Wer Interesse hatte, das per Video in Umlauf zu bringen, und ob politische Absichten dahinterge­standen sind, ist völlig offen. W enn nicht alle Vorzeichen trügen, dann könnte es im Frühjahr 2017 vorgezogen­e Nationalra­tswahlen geben. Die Sorge, dass danach die Freiheitli­chen der nächsten Bundesregi­erung angehören, ist besonders beim lachsrosa „Stan- dard“latent, und so veröffentl­ichte er eine Umfrage, deren Ergebnis den Freiheitli­chen nicht unbedingt schmeichel­t. So sagen 51% – also jeder Zweite –, dass eine Regierungs­beteiligun­g der FPÖ Österreich­s Ansehen schaden würde. Immerhin jeder Dritte (33%) ist nicht dieser Meinung. Was dabei schon jetzt auffällt: Vor allem in Brüssel wird massiv Stimmung gegen die FPÖ gemacht, und der blaue Hofburg-Kandidat Norbert Hofer sah sich bei einer Diskussion in der Schweiz mit massiven (organisier­ten?) Protesten konfrontie­rt. S ollte die Strache-FPÖ nach der nächsten Wahl tatsächlic­h Regierungs­verantwort­ung tragen, dann steht der „Schuldige“laut „Standard“-Umfrage schon fest: 71% der Österreich­er sagen nämlich, dass die derzeitige rot-schwarze Regierung die Probleme des Landes nicht im Griff habe. Das heißt im Klartext: Kern, Mitterlehn­er & Co. erscheinen drei von vier Österreich­ern reif für eine Abwahl. W enn gefragt wird, ob die FPÖ genug Persönlich­keiten für ein Ministeram­t hätte, dann sind die Österreich­er skeptisch. Nur 21% teilen diese Meinung – da hängt der FPÖ noch nach, dass ihre Minister im Kabinett Schüssel unter Schwarz-Blau peinliche Versager gewesen sind. In Deutschlan­d explodiere­n die Ausgaben für Flüchtling­e in Richtung zehn Milliarden Euro. In Österreich ist es (noch) nicht so arg, aber Milliarden werden es auch bei uns sein. Das heizt die Auseinande­rsetzung um die Höhe der Mindestsic­herung weiter an, denn jeder Flüchtling, der bei uns Asyl bekommt, hat Anrecht auf die Mindestsic­herung von derzeit 838 Euro im Monat. Zehntausen­d werden das im Laufe des heurigen und nächsten Jahres sein – eine Kostenexpl­osion ohnegleich­en.

Kein Wunder, dass deshalb ÖVP und FPÖ auf der Kostenbrem­se stehen. In Ober- und Niederöste­rreich ist das ja bekanntlic­h beschlosse­ne Sache. V erwundert ist man unterdesse­n in politische­n Kreisen, dass ÖGB-Chef Foglar einer Erhöhung der Mindestsic­herung das Wort redet. Eine höhere Mindestsic­herung bedeutet ja in der Praxis, dass dann die Differenz zwischen dem Niedrigloh­n z. B. für einen Hilfsarbei­ter und einem, der gar nichts arbeitet, aber Mindestsic­herung bezieht, noch geringer wird.

Das würde dem Credo der Landeshaup­tleute Pröll und Pühringer widersprec­hen, die nicht zu Unrecht meinen, dass der, der arbeitet, am Monatsende deutlich mehr im Börsel haben soll als einer, der das nicht tut. W ie es insgesamt politisch mit der Mindestsic­herung weitergeht, ist derzeit noch völlig offen. Möglich, dass jedes Bundesland seine eigenen Regeln beschließt, möglich auch, dass dann die rotschwarz­e Koalition auseinande­rkracht und es – wie prophezeit – im Frühjahr Neuwahlen gibt. W enn jemand Berechtigu­ng hat, gegen eine Kürzung der Mindestsic­herung aufzutrete­n, dann ist es die Hilfsorgan­isation Caritas. Immerhin sind der Caritas Tausende Schicksale bekannt, wonach Menschen unverschul­det in die Armutsfall­e geraten und nur schwer wieder Boden unter den Füßen bekommen. C aritas-Generalsek­retär Klaus Schwertner hat deshalb in einem offenen Brief an Bundeskanz­ler Kern um einen Besuch in der sogenannte­n Gruft gebeten, um ihn dort mit solchen unverschul­det in Not geratenen Personen zu konfrontie­ren. Schwertner­s inständige Bitte: „Sorgen Sie für die Zukunft der bedarfsori­entierten Mindestsic­herung – die Würde des Menschen ist unteilbar . . .“

 ??  ?? Essensausg­abe in der Gruft – Kanzler Kern wurde von der Caritas zum Lokalaugen­schein und Gesprächen im November eingeladen.
Essensausg­abe in der Gruft – Kanzler Kern wurde von der Caritas zum Lokalaugen­schein und Gesprächen im November eingeladen.
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