Eine süße Leiter in den Himmel
Ein köstliches Brauchtum: Der Allerheiligen-Striezel, die feine Himmelsleiter, der GodnWecken, das Seelen-Brot oder der Stuck – seit Jahrzehnten bekommen Patenkinder traditionell am 1. November süßes Brioche-Gebäck.
Mhhh, wie es duftet in Anni Pevnys kleiner, feiner Backstube auf ihrem Bio-Bauernhof in Niederneukirchen. Die Seminarbäuerin aus Oberösterreich knetet gerade den Teig für einen herrlichen Brioche-Striezel, wie er in vielen Teilen Österreichs dieser Tage traditionell verschenkt wird. Einige fertig geflochtene liegen schon im heißen Ofen. „Ein AllerheiligenStriezel ist ein Brauchtums-Gebäck, wie man es in Österreich kennt. Wer Wert auf die Richtigkeit legt, der muss ihn als Sechser-Zopf flechten“, erklärt die Landwirtin.
Tradition von Oma und Mutter übernommen
Schon ihre Großmutter und ihre Mutter waren Kinder einer Bäckersfamilie und mussten das Flechten früh beherrschen. „Ich habe meine Fertigkeiten von meiner Oma und mei- ner Mutter übernommen“, lächelt sie, während sie ihre Arbeitsfläche mit Mehl ein- staubt. Und das Flechten, das ist immerhin keine einfache Sache. „Mit alten Strumpfhosen habe ich als Kind zu üben begonnen“, verrät die fleißige Frau, die gekonnt auch noch einen Knopf und ein Kipferl aus dem Handgelenk schüttelt. Was in vereinzelten Regionen noch als Brauchtumsschatz gehütet wird, ist andernorts leider schon in Vergessenheit geraten. Denn kennt man nicht die mehr Geste, überall als Taufpate oder Firmpate zu Allerheiligen ein BriocheGebäck zu verschenken. Dort, wo man es aber pflegt, da hat das Gebildbrot viele
Namen: Heiligen-Striezel nennt man es im Burgenland, Stuck betitelt man es mit viel Zuckerglasur überzogen in Teilen Salzburgs, und als süße Himmelsleiter kennt man es in der PyhrnPriel-Region. Überall hat es aber dieselbe Herkunft: Aus der antiken Trauerkultur stammt die Zopfform, weil es damals üblich war, seine Trauer durch abgeschnittene Haarzöpfe zu bekunden.
Die feine Bäckerei der Brioche hingegen symbolisiert seit jeher die besondere Zuwendung des Schenkenden an Mittellose, die armen Patenkinder oder das Gesinde, dem es an diesen Tagen erlaubt war, an den Türen um Gaben zu betteln. Nur bei der süßen Leiter in den Himmel, da glauben heute noch alle ganz fest daran, dass jede Sprosse für ein kleines Stückerl steht, das man dem Himmel an diesem Tage näher ist. Der himmlisch-flaumige Geschmack lässt auch mich daran glauben . . .