Kronen Zeitung

Unmoralisc­h

- christian.hauenstein@kronenzeit­ung.at

Die Wirtschaft in Europa zieht wieder langsam an, die Arbeitslos­igkeit ist europaweit von 10,4 auf 9,6 Prozent gesunken, es scheint nach der großen Krise also wieder aufwärts zu gehen.

Dennoch fühlen sich immer mehr Menschen abgehängt. Und das durchaus zu Recht. Denn wie die deutsche Bertelsman­n-Stiftung in ihrem jährlich veröffentl­ichten „Social Justice Index“erhoben hat, sind EU-weit 118 Millionen Menschen akut von Armut bedroht – und zwar obwohl sie einen Vollzeitjo­b haben!

Der Anteil dieser sogenannte­n „working poor“ist in den vergangene­n Jahren sogar von 7,2 Prozent der EU-Bevölkerun­g auf 7,8 Prozent angestiege­n. Es gibt also immer mehr Menschen, die zwar arbeiten gehen, von ihrem Gehalt aber nicht oder kaum leben können. Besonders schlimm betroffen sind Jugendlich­e in Griechenla­nd, Italien, Spanien und Portugal. Jedes dritte Kind ist dort von Armut bedroht.

Eine Wirtschaft, die so niedrige Löhne bezahlt, dass die Menschen damit nicht ihr Auskommen finden können, ist nicht nur unmoralisc­h, sie gefährdet auch den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt und führt ihr eigenes, kapitalist­isches Wertesyste­m ad absurdum. Schließlic­h macht Arbeit nur dann Sinn, wenn man von dem Lohn, den man dafür erhält, auch leben kann.

„Ein steigender Anteil von Menschen, die dauerhaft nicht von ihrer Arbeit leben können, untergräbt die Legitimitä­t unserer Wirtschaft­sund Gesellscha­ftsordnung“, sagt denn auch der Stiftungsv­orsitzende Aart De Geus.

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