Unmoralisch
Die Wirtschaft in Europa zieht wieder langsam an, die Arbeitslosigkeit ist europaweit von 10,4 auf 9,6 Prozent gesunken, es scheint nach der großen Krise also wieder aufwärts zu gehen.
Dennoch fühlen sich immer mehr Menschen abgehängt. Und das durchaus zu Recht. Denn wie die deutsche Bertelsmann-Stiftung in ihrem jährlich veröffentlichten „Social Justice Index“erhoben hat, sind EU-weit 118 Millionen Menschen akut von Armut bedroht – und zwar obwohl sie einen Vollzeitjob haben!
Der Anteil dieser sogenannten „working poor“ist in den vergangenen Jahren sogar von 7,2 Prozent der EU-Bevölkerung auf 7,8 Prozent angestiegen. Es gibt also immer mehr Menschen, die zwar arbeiten gehen, von ihrem Gehalt aber nicht oder kaum leben können. Besonders schlimm betroffen sind Jugendliche in Griechenland, Italien, Spanien und Portugal. Jedes dritte Kind ist dort von Armut bedroht.
Eine Wirtschaft, die so niedrige Löhne bezahlt, dass die Menschen damit nicht ihr Auskommen finden können, ist nicht nur unmoralisch, sie gefährdet auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt und führt ihr eigenes, kapitalistisches Wertesystem ad absurdum. Schließlich macht Arbeit nur dann Sinn, wenn man von dem Lohn, den man dafür erhält, auch leben kann.
„Ein steigender Anteil von Menschen, die dauerhaft nicht von ihrer Arbeit leben können, untergräbt die Legitimität unserer Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung“, sagt denn auch der Stiftungsvorsitzende Aart De Geus.