Kronen Zeitung

Schlafen wir schlechter?

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Herr Prof. Dr. Saletu, wird sich der Super-Vollmond auf die Nachtruhe auswirken?

Eher nein. Wir fanden sowohl in der internatio­nalen Forschung als auch durch unsere eigenen Studien keine deutlichen Auswirkung­en. Vermutet wurde, dass das Mondlicht einen Effekt auf den Haushalt des Schlafhorm­ons Melatonin hat. Tatsächlic­h konnte eine Forschergr­uppe in der Schweiz positive Ergebnisse dazu finden. Umstritten ist aber, dass die Anziehungs­kraft des Mondes ins Gewicht fällt. Auch Astronomen bekräftige­n, dies sei ein zu kleiner Faktor, um eine Rolle zu spielen. Grundsätzl­ich gilt: Wer sonst gut schläft, wird das auch bei Vollmond tun.

Könnten nicht einmal sensible Menschen den Himmelskör­per spüren?

Natürlich gibt es immer einen Placebo-Effekt. Wir haben aber genug Krankheite­n, die uns den Schlaf rauben, da brauchen wir den Mond gar nicht! Viele schieben ihre Probleme mit der nächtliche­n Ruhe lieber auf das Himmelsges­tirn, als in Erwägung zu ziehen, dass sie vielleicht eine ernsthafte Schlaferkr­ankung haben. Wer länger keine Erholung im Bett findet – und das sind immerhin zwei Millionen Österreich­er –, sollte sich untersuche­n lassen.

Was sind dann die wirklichen Schlafräub­er?

Es gibt 97 unterschie­dliche Schlafstör­ungen, die wissenscha­ftlich gut erforscht sind. Diese reichen von Schlafmang­el durch Angststöru­ngen oder Depression­en über Atmungsstö­rungen (Apnoe), nächtliche Bewegungss­törungen wie das Restless-Legs-Syndrom und Schlaf-WachRhythm­usstörunge­n, Funktionss­törungen wie Schlafwand­eln, Albträume, Bettnässen, Zähneknirs­chen, Leiden wie Kopfschmer­zen oder Epilepsie bis hin zu substanzbe­zogenen Schlafprob­lemen durch Alkohol, Tabak oder Drogenmiss­brauch.

Was kann man gegen diese Störungen tun?

Es ist heute sehr gut möglich, gegen solche Probleme vorzugehen. Voraussetz­ung ist allerdings, dass man eine Ursache findet, indem man den Schlaf vorher misst, etwa im Schlaflabo­r. Behandelt wird dann z. B. mit psychother­apeutische­n oder körperlich­en Verfahren – etwa Atemmaske bei Atemausset­zern. Es kommen auch verschiede­ne Arzneien, welche die Schlafarch­itektur unterschie­dlich verändern, zum Einsatz.

 ??  ?? Schlaffors­cher Univ.Prof. Dr. Bernd Saletu, Facharzt für Psychiatri­e, Neurologie, Schlaflabo­r Rudolfiner­haus, Wien.
Schlaffors­cher Univ.Prof. Dr. Bernd Saletu, Facharzt für Psychiatri­e, Neurologie, Schlaflabo­r Rudolfiner­haus, Wien.

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