Krebsimmuntherapie
Medikamente lösen die „Bremsklötze“der Immunzellen gegen Tumore
Die Krebsimmuntherapie, die Tumore mit dem körpereigenen Immunsystem bekämpft, feiert bei Hautkrebs- und Lungenkrebspatienten spektakuläre Erfolge und repräsentiert eine der aufsehenerregendsten Therapieoptionen der letzten Jahrzehnte.
„Es handelt sich dabei um Medikamente, die die ,Bremsklötze‘ der Immunzellen lösen und diese wieder angriffsbereit gegen Tumorzellen machen“, erklärt Prof. Gottfried Baier von der Medizinischen Universität Innsbruck, Sektion für Zellgenetik. „Bei diesen als ImmunCheckpoint-Inhibitoren bezeichneten Medikamen- ten handelt es sich um biotechnologisch aufwendig hergestellte Antikörper, die Oberflächenmoleküle auf Immunzellen, die als CTLA-4 oder PD-1 bezeichnet werden, blockieren“, so Baier. Leider seien diese Krebsimmuntherapeutika sehr teuer. „Außerdem wirken sie bei den meisten Patienten nur für kurze Zeit oder verursachen schwerwiegende Nebenwirkungen, sodass die Behandlung abgebrochen werden muss.“Die Krebsimmuntherapie steckt also noch in den Kinderschuhen!
Um die Vision einer breit anwendbaren Krebsimmuntherapie in der Zukunft Realität werden zu lassen, erforscht das Team um Dr. Baier die Rolle eines gänzlich andersartigen „Bremsklotzes“der Immunzellen namens NR2F6. Dieses stark hemmende Molekül wird durch den Einfluss des Tumorgewebes selbst in aktivierten Immunzellen vermehrt produziert und hindert diese an der Bekämpfung der Krebszellen. Der Ansatz dieser neuen Krebsbehand- lung „made in Austria“hat daher die Neutralisierung von NR2F6 als Ziel und macht die Tumorzellen so wieder für das Immunsystem angreifbar. Gemäß der Devise „vom Labor zum Krankenbett“wird nun gemeinsam mit Pharmaunternehmen nach einem spezifisch wirksamen NR2F6-Hemmstoff gesucht.
Denn im Gegensatz zu CTLA-4 und PD-1 werden für die Hemmung von NR2F6 keine biologischen Reagenzien, wie die erwähnten Antikörper, benötigt, sondern einfache, kleine, relativ billig herstellbare Medikamente. Solche neuartigen Immunarzneimittel, einmal etabliert, bieten eine besonders vielversprechende und von Krankenkassen bezahlbare Chance, Krebserkrankungen über lange Zeit und bei guter Lebensqualität der Betroffenen beherrschen zu können.
Unterstützt wird dieses Projekt von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF).