Der künstlerische Effekt
Herr T. hatte in einer Gemäldeausstellung ein sehr eindrucksvolles Bild erworben. Das Bild hieß „Ausgleichssport“und zeigte einen Gewichtheber, der eben auf der Hantel, die er ansonsten zu stemmen pflegt, einen Handstand machte. Herr T. trug das Bild zu einem Glasermeister, um es rahmen zu lassen. Als er es abholen wollte, war er mit der Arbeit nicht zufrieden.
„Se hamma des Büld verkehrt eingrahmt“, sagte er zu dem Glasermeister. „So, wia Se des Büld eingrahmt habn, schauts aus, als tät der Stemmer de Hantl hebn. Auf dem Büld liegt aber de Hantl auf der Erd, und der Gewichtheber macht grad an Handstand drauf. Des is ja der künstlerische Effekt an dem Büld, sunst hätt is ja gar net kauft, Herr Master, i wart glei drauf.“
„Da müssn S aber no amal dafuar zahln“, sagte der Glasermeister. „Weil wann des so is, wia Se sagn, dann is des ka Büld, sondern a Fixierbüldl. Da müassn S no amal dafuar zahln, liaber Herr, des nächste Mal bringen S ma an Dampfer und sagn dann, des is a Unterseeboot. Außerdem is des Büld überhaupt nix wert, weils net signiert is. Normalerweis kennt ma a Büld an der Signatur, des is immer rechts untn. Des Büld is net signiert, und Se wolln ma einredn, i habs verkehrt grahmt.“
„Das Bild is signiert“, erklärte Herr T. „Der Künstler heißt Otto Hohl, sein Name steht abgekürzt am Gürtel des Athletn. Sehn S des net?“
„Da steht ,OHO‘ auf dem Gürtel“, sagte der Meister und drehte das Bild einmal nach oben und einmal nach unten. „Des können S lesn, wia S wolln, des haßt immer ,OHO‘. Wolln S mi pflanzn? I hab Leit im Gschäft, für Scherze hab i ka Zeit.“„I scherz net!“, brüllte Herr T. „Des Büld haßt ,Ausgleichsspurt‘, der Maler signiert mit ,OHO‘, und der Stemmer steht Kopf! Da können S Ihna am Kopf stelln! Der steht Kopf! Des müassn S ja scho an de Haar sehn, dass der an Handstand macht! De hängen nämlich nach unten, de Haar!“
„Des kann genauso guat a Stopplfrisur sein!“, brüllte der Meister zurück. „Wamma schwer hebt, stelln se oft de Haar auf! Aber Se mit Ihnera Mülchflaschlfigur könnens ja net wissn! Se derhebn ja net amal des Büldl! Wahrscheinlich habn S mirs verkehrt daherbracht, weil S es mit alle zwa Händ wia a Scheibtruchn hint nachgschleppt habn! Se mit Ihnern OHO! Verzupfn S Ihna, und machn S an Handstand!“
„Während dieser Serie von schweren Beleidigungen hat der Lehrbua des Schlingerl zum Aufhänga am Rahmen von obn nach untn versetzt“, berichtete Herr T. dem Bezirksrichter. „Nur deshalb hab i mit dem Bild wortlos das Gschäft verlassn. Drei Tag später hat ma der Master a zweite Rechnung gschickt. I zahls auf kan Fall, i beantrag für des Gemälde an Sachverständigen vom Gewichtheberverband.“
Auf Zureden des Bezirksrichters zog der Glasermeister seine Kostenrechnung schließlich zurück.