Zeit, Ewigkeit, Identität & Sinn
Wien Modern: Peter Eötvös’ „Halleluja – Oratorium Balbulum“
Ein Höhepunkt beiden diesjährigen Salzburg er Festspielen war die Uraufführung von„ Halleluja–Oratorium Balbulum“des ungarischen Komponisten Peter Eötvös. Gewidmet wurde damals die Aufführung dem verstorbenen Péter Esterházy, der das Libretto mitverfasst hat. Nun erklang das fulminante Werk als Wiener Erstaufführung im Rahmen von Wien Modern im Konzerthaus.
Péter Esterházy mischt im „Oratorium Balbulum“Heiliges mit Profanem, verknüpft tiefsinnige Gedanken mit argen Kalauern. Inspiriert von Notker Balbulus, einem stotternden MönchPropheten aus dem St. Gallen des 9. Jahrhunderts, stellt Esterházy Fragen nach Zeit und Ewigkeit, Identität und Sinn. Peter Eötvös schreibt Musik von gepflegter Heterogenität, die rhythmische und dynamische Großverläufe sanft strukturiert. Die Intention des Komponisten war es, „ein Zeitbild zu erstellen, wie das Jahr 2016 aussieht“. Hierbei kann man durchaus „von einer Art Konflikt-Karussell“zwischen den handelnden Figuren – einem Engel, einem Propheten, dem Chor und einem Erzähler – sprechen.
Nach dem Salzburger Festspiel-Dirigat von Daniel Harding stand nun Peter Eötvös persönlich am Pult der Wiener Philharmoniker: Es geht ihm vorrangig darum, die Architektur der Komposition herauszustellen, und er berührt dabei die musikalischen Extreme. Dadurch entstand eine stringente, vorwärtsdrängende und dadurch mitreißende Interpretation. Herausragend die Wiener Philharmoniker, die auch beim visionären „Adagio“aus Gustav Mahlers unvollendeter 10. Symphonie und Arnold Schönbergs ungemein schwierigem wie großartigem Chorwerk „Friede auf Erden“zu beeindrucken wussten.
Solide Iris Vermillion, Topi Lehtipuu und Peter Simonischek sowie der Chor des Ungarischen Rundfunks.