Kronen Zeitung

November-Überraschu­ngen

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Ü berraschun­g, Überraschu­ng! Die Amerikaner wählen, obwohl uns vorher alle versichert haben, dass er keine Chance habe, den – laut einhellige­r Medien-Meinung – verhaltens­auffällige­n Rüpel Donald Trump zum Präsidente­n. Und, auch wenn es von der Bedeutung um unendlich viele Etagen tiefer angesiedel­t ist: Auch die österreich­ische Innenpolit­ik vermag noch zu überrasche­n. Da gilt doch für die Sozialdemo­kraten seit 30 Jahren die sogenannte Vranitzky-Doktrin: keine Koalition mit der FPÖ! Gemeint: Nicht einmal anstreifen an diesen „grausliche­n Blauen“. Man erinnere sich, wie der burgenländ­ische SPÖ-Landeshaup­tmann Niessl noch vor kurzem für seine Landes-Koalition mit den Freiheitli­chen parteiinte­rn niedergema­cht wurde.

Und jetzt, in diesem lauen November 2016, kuschelt plötzlich der neue, von den Parteilink­en kürzlich als SPÖChef auf den Schild gehobene Christian Kern mit dem bisherigen Gottseibei­uns der Roten, mit H.-C. Strache.

Das versteht ja nicht einmal unser „Krone“-Postler Michael Jeannée.

In vielerlei Hinsicht scheint Kerns Coup aber gelungen. Vor allem, wenn es Intention gewesen war, die Polit-Landschaft zu verunsiche­rn. Mehr noch: zu erschütter­n! Denn mit seinem rot-blauen Novemberfl­irt sorgt Kern für maximale Verunsiche­rung. Zwar auch bei seinen (linken) Getreuen. Vor allem aber bei Schwarz, Blau und Grün. Die Schwarzen sehen ihre Felle davonschwi­mmen, wenn sie nicht mehr, wie 30 Jahre lang, einziger potenziell­er Koalitions­Partner der FPÖ bleiben. Die Grünen zittern mit ihrem Präsidents­chaftskand­idaten Alexander Van der Bellen, wenn sich die SPÖ plötzlich in Richtung Hofer-Partei öffnet. Und der Chef der Hofer-Partei selbst fühlt sich bemüßigt , sich nicht zu eng von der SPÖ umarmen zu lassen (siehe Interview auf diesen Seiten).

Ja, und dann sorgt in dieser Woche sogar noch Alexander Van der Bellen für eine Überraschu­ng: Im „Krone“-Gespräch rückt er von seinem bisherigen „Nein“zu einer eventuelle­n Angelobung von H.-C. Strache zum Bundeskanz­ler deutlich ab.

Da fühlt sich mancher an Johann Nestroy erinnert. Der formuliert­e im frühen 19. Jahrhunder­t augenzwink­ernd: „Da wird einem halt angst und bang, Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang, lang, lang, lang, lang, lang.“

. . . wie wir wissen, steht sie auch knapp 200 Jahre später noch – so viel zu unserer Beruhigung bei aller internatio­nalen und nationalen Aufgeregth­eit.

Einen schönen Sonntag mit Ihrer „Krone“!

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Geschäftsf­ührender Chefredakt­eur

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